Dr. med. Bela Molnar
- 24.02.1892, Kauscha (Kassa), heute Kosice, Slowakei
- 1944, Auschwitz
- Deportiert im Jahre 1944
- Karlsbad
- Internist
Bela Molnar wurde am 24.Februar 1892 in Kaschau, ungarisch Kassa, heute Kosice, Slowakei als Sohn des Arztes Dr. Eugen Friedmann (1863 bis 1937) geboren, der seinen Familiennamen in Molnar änderte. Eugen Molnar war engagiertes Mitglied und über einige Jahre Vorsteher der reformierten jüdischen Gemeinde in Kassa. Bela Molnars Mutter war Hermina, geb. Hollay (1866 bis 1944). Bela Molnar hatte 4 Brüder, Geza geb. 19.9.1893, Ferenc geb. 1897, Stefan (Istvan), geb. 11.8.1900 und Karoly geb. 11.10.1911, der ebenfalls Arzt war und von 1929 bis 1935 an der Karls-Universität in Prag studierte.
Kaschau war über Jahrhunderte Teil des Königreiches Österreich-Ungarn. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es der Tschechoslowakischen Republik zugesprochen und gehörte von 1938 bis 1945 wieder zu Ungarn. Seit dem Zweiten Weltkrieg gehörte die Stadt erneut zur Tschechoslowakei. Nach der Aufteilung der CSSR ist sie die zweitgrößte Stadt nach Brastislava des neu gegründeten Staates Slowakei.
Ausbildung und Wirkungsstätte
Bela Molnar studierte an der Königlich-Ungarischen Universität Budapest Medizin und war nach seinem Studium sowie nach seinem Einsatz im Ersten Weltkrieg in der 3. Medizinischen Klinik der Universität Budapest unter der Leitung von Baron Alexander von Koranyi tätig.
Seit seiner Niederlassung in Budapest unterhielt er eine Praxis in Karlsbad (heute Karlovy Vary, Tschechien) mit der Adresse „Deutsches Haus, Alte Wiese 4“, die er in jedem Jahr im Sommer betrieb.
Diese wird 1922 erstmalig im Verzeichnis der Karlsbader Kurärzte aufgeführt. In den Folgejahren bis 1938 findet sich in den Budapester Zeitungen im Frühjahr jeweils die Notiz, dass Dr. Bela Molnar seine diesjährige Sprechstunde in Karlsbad wieder aufgenommen hat.
Bela Molnar publizierte in der wöchentlich erscheinenden medizinischen ungarischen Fachzeitschrift Orvosi Hetilap mehrere Artikel zu klinisch- bakteriologischen Untersuchungen, Schilddrüsenerkrankungen sowie zum Diabetes mellitus. Weitere Publikationen unter dem Namen Bela Molnar in der Klinischen Wochenschrift und in Virchows Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin können nicht eindeutig zugeordnet werden. Ein Kollege mit dem gleichen Namen arbeitete einige Jahre früher ebenfalls in der 3. Medizinischen Klinik der Universität Budapest.
Seit 1922 wandte sich Bela Molnar der Medizingeschichte zu. Er forschte und publizierte auf diesem Gebiet bis 1944. Molnar gab ein kleines Buch über die Krankengeschichte von Janos Arany (1817 bis 1882) heraus. Dieser ungarische Nationaldichter hielt sich seit 1869 jährlich zur Kur in Karlsbad auf. Sein Gallensteinleiden wurde dort durch eine Cholezytostomie behandelt, wie Bela Molnar in seinem Buch schilderte:
„Im September 1869 entstand nach der ersten Anwendung des Karlsbaders Wassers unter den rechten Rippen, an der Stelle, die der Leber entspricht, langsam und schmerzlos ein Tumor. Der Tumor nahm Anfang Dezember an Größe zu; dann informierte er seinen Hausarzt, der ihm Spermacet-Einreibungen empfahl. Der Tumor wuchs weiter und wurde immer größer, bis am 10. und 11. Januar 1870 ein linsenförmiger, schwarz-blauer Fleck zu sehen war. Dieser blaue Fleck breitete sich am 13. schnell auf die Größe einer Krone aus. Sein behandelnder Arzt traf sich zu diesem Zeitpunkt zufällig mit Dr. Kovacs Sebestyen Endre, und gemeinsam besuchten sie Arany Janos. Kovacs Sebestyen Endre untersuchte und entfernte ohne den Patienten zu befragen die Verhärtung, schnitt in die blaue Stelle ein und entfernte aus der entstandenen Öffnung 3–4 Gallensteine. Auch in den folgenden Tagen kamen weitere Gallensteine heraus, insgesamt etwa 8–9 Stück, von denen der größte etwa die Größe einer kleinen Erbse hatte. Nach dem Aufschneiden des Tumors musste der Patient etwa acht Tage lang große Schmerzen ertragen und eine Wunde aushalten. Danach traten keine weiteren Gallensteine mehr auf, aber der Gang, durch den sie ausgeschieden wurden, blieb bis zu seinem Tod offen und blutete leicht. Er musste ständig eine Salbe auf Karbolsäurebasis verwenden.“
Es folgten weitere Publikationen, z. B. über Tamás Jordán, einen vor 400 Jahren lebenden Balneologen. 1940 publizierte er zur Geschichte der Pharmazie in Kassa und noch 1944 erschien sein knapp 400 Seiten umfassendes Werk über die Medizingeschichte von Kassa.
Nach 1933
Mit dem Münchner Abkommen im Oktober 1938 wurde die Tschechoslowakei gezwungen, das Sudentenland an das Deutsche Reich abzutreten. In der Folge unterlagen die jüdischen Ärzte den im Deutschen Reich seit 1933 geltenden Bestimmungen für Jüdinnen und Juden. Am 28.11.1938 wurde seine Ordination in Karlsbad kommissarisch einem Rechtsanwalt unterstellt.
In Ungarn wurden ab 1938 ebenfalls die antijüdischen Gesetze verschärft. Ob Bela Molnar seine Praxis in Budapest ebenfalls aufgegeben hat, ist nicht dokumentiert, jedoch anzunehmen, da er seit 1938 die Leitung der Abteilung für Innere Medizin in seinem Heimatort übernahm.
Kassa (Kosice) war ein Eisenbahnknotenpunkt und entscheidend für die Transportzüge aus Ungarn nach Auschwitz. Zwischen dem 15.5.1944 und 20.7.1944 sind bis zu 4 Zügen täglich über Kassa nach Auschwitz geführt worden, insgesamt in diesem Zeitraum über 400.426 Jüdinnen und Juden in 137 Zügen.
In Kosice selbst wurden die Jüdinnen und Juden in einem Ghetto gesammelt und in 5 Transporten am 16.5.1944 (2 Züge), 17.5.1944, 24.5.1944 und 3.6.1944 nach Auschwitz deportiert, wobei die Züge jeweils 1-2 Tage danach ankamen.
Bela Molnar (auf den Listen nun mit dem slawischen Vornamen Vojtech) und Mitglieder seiner Familie befanden sich in einem dieser Züge. Er wurde in Auschwitz ermordet, ebenso seine Mutter Hermine und sein Bruder Ferenc (Frantisek).
Sein Bruder Geza wurde von Auschwitz nach Groß-Rosen deportiert und von dort in das Außenlager Riese im Eulengebirge. Dort sollte durch die Häftlinge ein Stollensystem als neues Führerhauptquartier gebaut werden. Er steht auf der Transportliste vom 29.9.1944 zurück nach Auschwitz mit der Bemerkung „Beingeschwür“ und stirbt am 29.11.1944 in Auschwitz. Sein Bruder Karoly wurde am 4.6.1944 in Kassa verhaftet und über Auschwitz ins Außenlager Kaufering III des KZ Dachaus deportiert, dort ist er am 18.6.1944 als „Zugang“ registriert. Am 29.4.1945 wurde er von den Amerikanern befreit. Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt, ebenso das des Bruders Stefan.
Danksagung
Besonderen Dank an Dr. Lukáš Svoboda und seinen Mitarbeitenden, Muzeum Karlovy Vary, Tschechien.
Großen Dank gebührt Mgr. Milan Augustin und seine Mitarbeitenden im Stadtarchiv Karlovy Vary, Tschechien.
Dank an die Mitarbeitenden der KZ Gedenkstätte Dachau.
Beitrag von Dr. med. Cornelie Haag, Dresden. Stand 25.7.2025
Quellen und Literatur
zu den Quellen