Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Dr. med.
Alfred Frank
1882 - 1943

Dissertation 1907, Universität München, Kopie Titelblatt Archiv H Je
Dissertation 1907, Universität München, Kopie Titelblatt Archiv H Je

Mitglied seit 1926

Niedergelassener Spezialarzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten in Berlin seit 1914

Kennzeichnung im Reichsmedizinalkalender 1937 als Jude

Deportation nach Auschwitz 1943

Reichsmedizinalkalender 1937; der Doppelpunkt stigmatisiert
Frank als Juden. Kopie Archiv H Je
Reichsmedizinalkalender 1937; der Doppelpunkt stigmatisiert Frank als Juden. Kopie Archiv H Je
Franks Schreiben an das Standesamt seiner Geburtsstadt Bad Dürkheim zur erzwungen Änderung seines Vornamens, 1938 <br> © Stadtarchiv Bad Dürkheim
Franks Schreiben an das Standesamt seiner Geburtsstadt Bad Dürkheim zur erzwungen Änderung seines Vornamens, 1938
© Stadtarchiv Bad Dürkheim
Entlass-Liste KZ Sachsenhausen, © Archiv Gedenkstätte und Museum KZ Sachsenhausen
Entlass-Liste KZ Sachsenhausen, © Archiv Gedenkstätte und Museum KZ Sachsenhausen
Entlass-Liste KZ Sachsenhausen, © Archiv Gedenkstätte und Museum KZ Sachsenhausen
Entlass-Liste KZ Sachsenhausen, © Archiv Gedenkstätte und Museum KZ Sachsenhausen

Dr. med. Alfred Frank

  • 2‌7‌.‌0‌7‌.‌1‌8‌8‌2‌, Bad Dürkheim
  • 1‌9‌4‌3‌, Auschwitz, ermordet
  • Mitglied seit 1926
  • Deportiert im Jahre 1943
  • Berlin
  • niedergelassener Spezialarzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten

„Am 27.7.1882 zu Bad Dürkheim in der Rheinpfalz geboren, besuchte ich das Progymnasium meiner Vaterstadt, sowie das humanistische Gymnasium zu Neustadt a.H., das ich im Juli 1901 absolvierte. Im Wintersemester 1901/02 bezog ich zum Zwecke des Studiums der Medizin die Universität Heidelberg, bestand dann am Schluss des fünften Semesters das Tentamen physicum zu Würzburg. Im Sommersemester 1904 genügte ich der ersten Hälfte meiner Militärpflicht zu Straßburg i. Elsaß, setzte dann meine Studien in Berlin und in München [seit dem Sommersemester 1905, Anm. H Je] fort, woselbst ich im Januar 1907 das ärztliche Staatsexamen beendete. Der mündlichen Doktorprüfung unterzog ich mich am 29. Januar 1907. Mein praktisches Jahr verbrachte ich in Berlin am Städtischen Krankenhause Am Urban (Abteilung des Herrn Professor Fränkel) sowie an der Medizinischen Poliklinik des Herrn Geheimrat Senator [Hermann Senator war Ärztlicher Leiter der III. Medizinischen Klinik der Charité, Anm. H. Je]“, so Alfred Frank im Lebenslauf in seiner Dissertationsschrift.

Sein Vater war der Kaufmann Hermann Frank (1842 – 1912) aus Bad Dürkheim, seine Mutter die aus dem Saarland stammende Frieda (Fridoline) Frank, geb. Oppenheimer (1847 – 1916). Die Familie bekannte sich zur jüdischen Glaubensgemeinschaft. Die Grabstelle der Eltern Alfred Franks ist auf dem jüdischen Friedhof Wachenheim an der Weinstrasse unweit Bad Dürkheims erhalten.

Grabstein für Alfred Franks Eltern, Jüdischer Friedhof
Wachenheim bei Bad Dürkheim © Georg Dumont, Förderverein gegen das Vergessen, Bad Dürkheim und Wachenheim
Grabstein für Alfred Franks Eltern, Jüdischer Friedhof Wachenheim bei Bad Dürkheim © Georg Dumont, Förderverein gegen das Vergessen, Bad Dürkheim und Wachenheim

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Belegblätter Univ. München © Universitäts-Archiv
München
Belegblätter Univ. München © Universitäts-Archiv München

Frank wurde an der Münchener Universität mit der Arbeit „Ein Fall von angeborenen Fibromen am Finger nebst Beiträgen zur Kasuistik der Fingertumoren“ promoviert. Die Arbeit hatte Frank bei Wilhelm Herzog in der Chirurgischen Abteilung des von Haunerschen Kinderspitals München angefertigt. 1908 erhielt Frank die ärztliche Approbation.

In welcher Institution Alfred Frank nach dem praktischen Jahr seine weitere Ausbildung absolvierte, ist bisher nicht dokumentiert. Seit 1911 war er als Assistenzarzt in der Privatklinik von Ismar Boas in der Trautenaustrasse 5 in Berlin-Wilmersdorf tätig und erhielt hier seine Qualifizierung für das neue Fachgebiet der Gastroenterologie.

Reichsmedizinalkalender 1913, Kopie Archiv H Je
Reichsmedizinalkalender 1913, Kopie Archiv H Je

Im Reichsmedizinalkalender 1914 wird Alfred Frank erstmals als niedergelassener Arzt für Innere Medizin und als Spezialarzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten in der Meineckestrasse 25 in Berlin-Charlottenburg mit den Symbolen für beide Fachgebiete genannt.

Reichsmedizinalkalender 1914, die Symbole stehen für den Spezialarzt für Innere Medizin und Magen-, Darm- u. Stoffwechselkrankheiten, Kopie Archiv H Je
Reichsmedizinalkalender 1914, die Symbole stehen für den Spezialarzt für Innere Medizin und Magen-, Darm- u. Stoffwechselkrankheiten, Kopie Archiv H Je

Im Oktober 1912 hatte Frank in Berlin die Witwe Gertrud Else Baruch, geb. Meyer geheiratet, die ihre achtjährige Tochter Eva Charlotte Baruch mit in die Ehe brachte.

 

Nach 1933

Seit dem Frühjahr 1933 war Frank als Jude den Verfolgungen der Nationalsozialisten ausgesetzt. Er verlor seine Kassenzulassung.

Reichsmedizinalkalender 1937; der Doppelpunkt stigmatisiert
Frank als Juden. Kopie Archiv H Je
Reichsmedizinalkalender 1937; der Doppelpunkt stigmatisiert Frank als Juden. Kopie Archiv H Je

Nach dem Entzug der Approbation am 30.9.1938 war er seit dem 1.10.1938 als „Krankenbehandler“ ausschließlich für jüdische Patientinnen und Patienten in Berlin zugelassen. Er übte seine Praxis bis Anfang 1943 aus.
Alfred Frank wurde während des Novemberpogroms 1938 verhaftet und bis zum 21. 12. 1938 im KZ Sachsenhausen inhaftiert.

Entlass-Liste KZ Sachsenhausen, © Archiv Gedenkstätte und Museum KZ Sachsenhausen
Entlass-Liste KZ Sachsenhausen, © Archiv Gedenkstätte und Museum KZ Sachsenhausen
Entlass-Liste KZ Sachsenhausen, © Archiv Gedenkstätte und Museum KZ Sachsenhausen
Entlass-Liste KZ Sachsenhausen, © Archiv Gedenkstätte und Museum KZ Sachsenhausen

Seit dem 1.1.1939 mussten Alfred und Gertrud Frank ihrem Vornamen den Zusatz Israel bzw. Sara hinzufügen (Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 17. August 1938, RGBl. 1938, I, S.1044).

Franks Schreiben an das Standesamt seiner Geburtsstadt Bad Dürkheim zur erzwungen Änderung seines Vornamens, 1938 <br> © Stadtarchiv Bad Dürkheim
Franks Schreiben an das Standesamt seiner Geburtsstadt Bad Dürkheim zur erzwungen Änderung seines Vornamens, 1938 <br> © Stadtarchiv Bad Dürkheim

 

Die Tochter der Ehefrau Alfred Franks, die 38-jährige Eva Charlotte Baruch-Silberstein [geb. am 6.4.1903], wurde durch die antijüdischen Verfolgungen in den Selbstmord getrieben. Sie starb am 4.6.1941 im Jüdischen Krankenhaus Berlin an den Folgen einer Schlafmittelvergiftung. Alfred Franks Ehefrau Gertrud starb am 27. Dezember 1942 in Berlin. Zu diesem Zeitpunkt wohnte das Ehepaar in der Berliner Niebuhrstrasse 77. Nach Angaben von Alfred Franks Stief-Enkeltochter Irene Silberstein-Frank nahm sich Gertrud Else Baruch-Frank wegen der drohenden Deportation selbst das Leben [vgl. Entschädigungsakte Alfred Frank, Berlin, Blatt D 2].

Unterschrift Alfred Franks 1942  Quelle: Sterbeurkunde für Gertrud Else Frank, www.ancestry.de
Unterschrift Alfred Franks 1942 Quelle: Sterbeurkunde für Gertrud Else Frank, www.ancestry.de

Alfred Frank wurde 60-jährig am 12.3.1943 mit dem 36. Osttransport aus Berlin in das KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet.
In Bad Dürkheim erinnert seit 2010 eine Gedenktafel an die früheren Einwohner jüdischen Glaubens des Ortes. Unter ihnen findet sich der Name Dr. Alfred Frank.

Denkmal für NS-Verfolgte, Bad Dürkheim
Denkmal für NS-Verfolgte, Bad Dürkheim

Alfred Franks Stief-Enkeltochter Irene Silberstein, geb. 2.5.1927, wurde 15-jährig am 2. 10. 1942 gemeinsam mit ihrem Vater Dr. Friedrich Silberstein in das Ghetto Theresienstadt / Terezin deportiert. Von dort wurde sie am 6. 10. 1944 im Rahmen der sogenannten Herbsttransporte in das KZ Auschwitz verbracht. Seit Dezember 1944 musste sie im KZ Groß-Rosen und später in dessen Außenlager Merzdorf im Riesengebirge im früheren Niederschlesien, heute Marciszów, Polen, Zwangsarbeit verrichten. Am 9. 5. 1945 wurde Irene Silberstein von sowjetischen Soldaten befreit.

Passbild Irene Silberstein, Stief-Enkeltochter Alfred Franks,
April 1946. Quelle: Entschädigungsbehörde Berlin
Passbild Irene Silberstein, Stief-Enkeltochter Alfred Franks, April 1946. Quelle: Entschädigungsbehörde Berlin
Unterschrift Irene Frank, geb. Silberstein 1954, Quelle:
Entschädigungsbehörde Berlin
Unterschrift Irene Frank, geb. Silberstein 1954, Quelle: Entschädigungsbehörde Berlin

Sie gelangte zunächst nach Berlin. Im Mai 1946 konnte sie 19-jährig über einen Aufenthalt im Lager Deggendorf für Displaced Persons von Bremen aus mit der SS Marine Perch in die USA auswandern. New York erreichte sie am 23. Mai 1946. Dort heiratete sie im April 1948 den aus Berlin stammenden Heinrich Frankenstein, der in den USA den Namen Henry Frank annahm. Irene Frank starb im April 2021 mit 93 Jahren. Ihre Grabstätte befindet sich auf dem jüdischen Cedar Park Friedhof, Paramus, Bergen County, New Jersey.

Grabstein für Irene und Henry Frank, Cedar Park Cemetery,
Paramus, New Jersey, Quelle: www.findagrave.com
Grabstein für Irene und Henry Frank, Cedar Park Cemetery, Paramus, New Jersey, Quelle: www.findagrave.com
Danksagung

Unser Dank gilt Matthias Nathal, Stadtarchiv Bad Dürkheim, der den Brief Dr. Alfred Franks vom 29. 12. 1938 an die Stadtverwaltung seines Geburtsortes aufgefunden und zur Verfügung gestellt hat.

 

 

Beitrag von Dr. med. Harro Jenss, Worpswede. Stand 26.11.2024

 


Quellen und Literatur
zu den Quellen
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Dr. med. Alfred Frank

 

Quellen
Frank A. Ein Fall von angeborenen Fibromen am Finger nebst Beiträgen zur Kasuistik der Fingertumoren. Med. Diss. Staatsbibliothek Berlin, SBB-PK, Sign. Ja 11955-1907,2, S. 30f

Universitätsarchiv München, UAM_D-V-50 und UAM Stud-BB 219 [Matrikeleintrag und Belegblatt für Alfred Frank, Bad Dürkheim]

Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, Oranienburg, Datenbankauszug zu Alfred Frank, geb. 27.7.1882 sowie Dokument „Judenentlassungen am 21.12.1938“ [Original Russisches Militärarchiv, Moskau 1367/1/20, Bl. 025]

Landesamt für Bürger-und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin, Abteilung I, Entschädigungsbehörde, Entschädigungsakte Dr. med. Alfred Frank, Reg.Nr. 150 997 [Antrag von Franks Stief-Enkeltochter Irene Frank, geb. 2.5.1927, geb. Silberstein]

Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Berlin, Abteilung I, Entschädigungsbehörde, Entschädigungsakte Irene Frank, Reg. Nr. 150 060 [Entschädigungsantrag Irene Frank, geb. 2.5.1927, geb. Silberstein, Stief-Enkeltochter Alfred Franks und Enkeltochter seiner Ehefrau Gertrud Else Baruch]

Stadtarchiv Bad Dürkheim. Brief Dr. Alfred Frank (1938) an das Standesamt seines Geburtsortes zur Ergänzung der Geburtsurkunde Nr. 115 vom 31. Juli 1882 [Aus dem Stadtarchiv Bad Dürkheim dem Verf. H Je am 27.01.2021 übermittelt]

Literatur
Schwoch R. [Hg] Berliner Jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus. Ein Gedenkbuch. Berlin: Hentrich & Hentrich Verlag 2009: 237
Schwoch R. Jüdische Ärzte als Krankenbehandler in Berlin zwischen 1938 und 1945. Frankfurt / M: Mabuse Verlag 2018: 266

Weblinks

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/11230254, Arolsen Archives, 36. Osttransport 12.3.1943 in das KZ Auschwitz [Dr. Alfred Frank, geb. 27.7.1882, Berlin, Niebuhrstrasse], Stand 14.9.2024

https://collections.arolsen-archives.org/de/document/127212810, Arolsen Archives, 36. Osttransport von Berlin in das KZ Auschwitz [Dr. Alfred Frank, geb. 27.7.1882], Stand 14.9.2024

https://collections.yadvashem.org/de/names/13556673 [Dr. Alfred Frank, geb. 27.7.1882 in Bad Dürkheim], Stand 14.9.2024

https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/5080634?s=%20Silberstein,%20Irene%20&t=2547235&p=2 [Irene Silberstein, geb. 2.5.1927, Deportation aus dem Ghetto Theresienstadt in das KZ Auschwitz 6.10.1944], Stand 12.11.2024

https://storymaps.com/stories/ab2baa01139d4ec8a9cc8c17583a1ca6 [Biographie der Stieftochter Alfred Franks, Irene Frank, geb. Silberstein], Stand 12.11.2024

https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn561057?rsc=26748&cv=0&x=1385&y=996&z=1.7e-4 [Irene und Henry Frank Papers, USHMM], Stand 12.11.2024