Dr. med. Abraham Adler
- 04.05.1891, Hintersteinau, Osthessischer Main-Kinzig Kreis
- 22.08.1948, London
- Mitglied seit 1929
- Geflohen 1937, England
- Leipzig
- Facharzt für Innere Medizin
„Ich, Abraham Adler, geboren am 4. Mai 1891 als Sohn des Kaufmanns Baer Adler und seiner Ehefrau Fanni, geb. Adler aus Neuhof bei Fulda, erwarb mir 1910 auf der Oberrealschule zu Fulda das Zeugnis der Reife. Ich besuchte zunächst die Thora-Hochschule zu Frankfurt a. Main und wandte mich dann dem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften zu. Seit Herbst 1912 studierte ich Medizin, bestand im Juli 1914 die ärztliche Vorprüfung an der Universität Heidelberg und trat am 4. Mobilmachungstage als Kriegsfreiwilliger in den Heeresdienst ein. Mein Staatsexamen legte ich in den Monaten März und April 1917 an der Universität Frankfurt ab. Militärisches Kommando versetzte mich an das hiesige Reservelazarett V, wo ich an der Medizinischen Universitätsklinik in der Funktion eines Assistenzarztes tätig bin“, so Abraham Adler im Lebenslauf seiner Dissertationsschrift.
Ausbildung und Wirkungsstätte
1918 wurde Adler mit der Arbeit „Über den Druck in der Harnblase. Zugleich ein Beitrag zur Funktion des Blasenmechanismus, dessen Physiologie und Pathologie“ promoviert. Zu dieser Arbeit war er von dem Internisten Heinrich I. Quincke angeregt worden, der, 1908 in Kiel emeritiert, nach Frankfurt gezogen war, als Honorarprofessor an der dortigen Universität Vorlesungen hielt und am Frankfurter Senckenberg Forschungsinstitut wissenschaftlich tätig war. Ebenfalls 1918 erhielt Adler seine Approbation.
Von 1920 bis zum 30.09.1929 arbeitete Abraham Adler in der Medizinischen Universitätsklinik Leipzig als Assistenzarzt bei Adolf von Strümpell und seit 1926 bei dessen Nachfolger Paul Morawitz. In dieser Zeit war er wissenschaftlich und publizistisch aktiv. Ein Schwerpunkt seiner Arbeiten bezog sich auf Erkrankungen der Leber und der Gallenwege. Besonders beschäftigte er sich mit dem Verhalten der Gallensäuren und des Bilirubins. Er war 1929 neben Leopold Lichtwitz, Julius Strasburger, dem Pharmakologen Paul Trendelenburg, dem ungarischen Physiologen Fritz Verzár und anderen Mitautor und Bearbeiter des Vierten Bandes „Resorption und Exkretion“ des renommierten Handbuches der Normalen und Pathologischen Physiologie, herausgegeben von Albrecht Bethe, Gustav von Bergmann, Gustav Embden und Alexander Ellinger. Adler verfasste in diesem Band die Kapitel „Die Leber als Exkretionsorgan“ und „Die Herausbeförderung des Harns“.
Mit dem 30.09.1929 schied Adler aus der Leipziger Medizinischen Universitätsklinik aus und ließ sich als Internist in der Bose Straße 2 in Leipzig in eigener Praxis nieder.
1933
Adler verlor seine Kassenzulassung und erlebte den zunehmenden Antisemitismus und die rasche Entrechtung der Juden. 1935 wurde er in der Liste der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen als jüdischer Arzt ohne Kassenzulassung erwähnt.
Flucht 1937 nach Großbritannien
Die beiden Söhne Salomon und Bernhard Adler konnten Anfang 1937 in Großbritannien Zuflucht finden. Im Dezember 1937 floh die Ehefrau Adlers mit den drei weiteren Kindern ebenfalls nach Großbritannien. Abraham Adler folgte kurze Zeit später. Zunächst arbeitete er als Research Worker und „Student“ im Guy’s Hospital London. Er absolvierte erfolgreich das englische Medizinstudium in Glasgow und Edinburgh, um die Anerkennung als Arzt zu erreichen. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er am 11.11.1939 von der Internierung als Enemy Alien befreit. In der Folgezeit war er in eigener Praxis in London mit einem Schwerpunkt für Lebererkrankungen tätig.
Die NS-Behörden entzogen ihm mit dem 25.01.1939 die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Doktortitel wurde Adler mit dem 28.04.1939 durch die Medizinische Fakultät der Universität Frankfurt aberkannt.
Abraham Adler starb im August 1948 57-jährig in London. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Adath Yisroel Cemetery Enfield, Greater London. Adlers Mutter, Fanny Adler, und seine in Frankfurt lebende Schwester Hedwig Friedmann gelangten in die Niederlande und wurden dort im Lager Westerbork inhaftiert. Die Mutter wurde nach Bergen-Belsen deportiert. Sie starb 1945 kurz nach der Befreiung des Lagers. Die Schwester wurde im Februar 1944 von Westerbork nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.