Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Prof. Dr. med.
Friedrich (Fritz) Heinrich Lewy
1885 - 1950

Prof. Dr. med. Frederic Lewey , 1949, <br> früher Fritz Heinrich Lewy <br> © Wolters Kluwer Health
Prof. Dr. med. Frederic Lewey , 1949,
früher Fritz Heinrich Lewy
© Wolters Kluwer Health

Mitglied seit 1926

Studium in Berlin und Zürich

Erstbeschreiber der Lewy-Körperchen

Habilitation an der
Berliner Universität
für das Fach Innere
Medizin und Neurologie 1921

In den USA
Umbenennung in
Frederic Henry Lewey

Dissertation, Berlin 1910
Dissertation, Berlin 1910
Diese Schrift von 1919 widmete Lewy dem Berliner Pathologen Johannes Orth, Archiv H Je
Diese Schrift von 1919 widmete Lewy dem Berliner Pathologen Johannes Orth, Archiv H Je
Klinische Wochenschrift 1926
Klinische Wochenschrift 1926
Zeitschrift für Nervenheilkunde 1932
Zeitschrift für Nervenheilkunde 1932

Prof. Dr. med. Friedrich (Fritz) Heinrich Lewy

  • 2‌8‌.‌0‌1‌.‌1‌8‌8‌5‌, Berlin
  • 0‌5‌.‌1‌0‌.‌1‌9‌5‌0‌, Pennsburg, Pennsylvania, USA
  • Mitglied seit 1926
  • Geflohen 1934, USA
  • Berlin
  • Neurologe/Neuropathologe

„Ich, Fritz Heinrich Lewy, jüdisch, wurde als Sohn des Geheimen Sanitätsrats Dr. Heinrich Lewy in Berlin am 28. Januar 1885 geboren. Von 1894 bis 1903 besuchte ich das Friedrich-Werdersche Gymnasium daselbst und verließ es Michaelis 1903 mit dem Zeugnis der Reife. Meine Studien machte ich in Zürich und Berlin, wo ich Ostern 1906 die ärztliche Vorprüfung und Ende 1908 das ärztliche Staatsexamen bestand“, so Fritz Lewy in seinem Lebenslauf in seiner Dissertationsschrift. Seine Mutter war Anna Babette Lewy, geb. Milchner. Sie wird ihrem Sohn 1936 in die USA folgen.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Friedrich Lewy besuchte in Berlin das Friedrichswerdersche Gymnasium und studierte seit 1903 Medizin an den Universitäten Berlin und Zürich. An der Berliner Universität wurde er am 11.02.1910 mit der Arbeit „Degenerationsversuche am akustischen System des Kaninchens und der Katze. Zugleich ein Beitrag zur Anwendung der Marchischen Methode“ promoviert. Von 1909 bis 1910 war Lewy Assistent im Institut für Physiologie der Universität Breslau/Wrocław, Polen und von 1910 bis 1912 an der Universitätsklinik für Psychiatrie in München bei Alois Alzheimer tätig. Mit diesem wechselte er 1912 nach Breslau. 1914 hielt sich Lewy kurzzeitig bei Ludwig Edinger am Frankfurter Institut für Hirnforschung auf.

Dissertation, Berlin 1910
Dissertation, Berlin 1910

Seine Forschungstätigkeit wurde durch den ersten Weltkrieg unterbrochen, an dem er von 1914 bis 1919 als Militärarzt teilnahm. Lewy war in Frankreich, Russland sowie in der Türkei, vor allem im Ortslazarett Haidar Pascha in Konstantinopel eingesetzt. Über seine Erfahrungen in diesem Lazarett gab er 1920 eine eigene Schrift „Geschichte und Tätigkeit des Ortslazaretts Haidar Pascha“ heraus.

Diese Schrift von 1919 widmete Lewy dem Berliner Pathologen Johannes Orth, Archiv H Je
Diese Schrift von 1919 widmete Lewy dem Berliner Pathologen Johannes Orth, Archiv H Je
Zeitschrift für Klinische Medizin 1926
Zeitschrift für Klinische Medizin 1926

Lewy entdeckte 1910 und publizierte 1912 erstmals auffällige intrazelluläre Proteinaggregate (heute als α-Synuclein bekannt) in degenerierten Neuronen der Substantia nigra bei Patienten mit Morbus Parkinson. 1913 berichtete er während der 7. Jahresversammlung der Gesellschaft deutscher Neurologen über seine Befunde. 1919 benannte der in Paris tätige Neuropathologe Konstantin Tretiakoff diese Proteinablagerungen nach ihrem Erstbeschreiber „Corps de Lewy“. Später wurden sie auch bei der Demenz vom Lewy-Körpertyp beschrieben.

Seit März 1919 war er als Assistenzarzt an der II. Medizinischen Universitätsklinik der Charité Berlin bei Friedrich Kraus und seit 1927 bei dessen Nachfolger Gustav von Bergmann tätig. Im Dezember 1921 wurde er mit seinen Beiträgen über die „Pathologie der Paralysis agitans“ für das Fach Innere Medizin und Neurologie habilitiert. 1923 erhielt eine außerordentliche Professur für Physiologie und Pathologie des Nervensystems an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. In den 13 Jahren seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der Berliner Charité erwarb Lewy nationales und internationales Ansehen.

Klinische Wochenschrift 1926
Klinische Wochenschrift 1926
Zeitschrift für Nervenheilkunde 1932
Zeitschrift für Nervenheilkunde 1932

Am 01.07.1932 eröffnete Lewy eine eigenständige Neurologische Klinik (Hansaklinik) und ein Neurologisches Forschungsinstitut in Berlin, Lessingstraße 46, und war deren Ärztlicher Leiter.

 

Flucht nach Großbritannien 1933 und in die USA 1934

Im Sommer 1933 war Lewy gezwungen, seine Tätigkeit in der Hansaklinik aufzugeben. Seine Lehrbefugnis an der Berliner Universität wurde ihm im Februar 1934 entzogen (§ 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Beamtentum vom 7. April 1933, der Paragraph bezog sich auf die „Vereinfachung der Verwaltung“ bei Wegfall einer Planstelle). Ende des Sommers 1933 floh Fritz Lewy gemeinsam mit seiner Ehefrau nach London. Dort fand er keine zufriedenstellende Möglichkeit zu einer weiteren wissenschaftlichen Tätigkeit.

Am 24.06.1934 verließen Lewy und seine Ehefrau von Plymouth aus England mit dem französischen Passagierschiff Île de France in Richtung USA. New York erreichten sie am 03.07.1934. Lewys 1864 geborene Mutter, Anna B. Lewy, floh 1934 aus Deutschland nach Brüssel und konnte am 10.11.1936 von Antwerpen aus in die USA nachkommen.

In den USA wurde Lewy von der Rockefeller Foundation sowie von dem 1933 gegründeten Emergency Committee in Aid of Displaced Physicians unter der Leitung von George Baehr unterstützt. In Philadelphia fand der 49-jährige Lewy als Associate Professor of Neuropathology und Research Associate in Audiology an der Universität von Pensylvania School of Medicine eine neue Tätigkeit. Daneben arbeitete er als Professor of Neuroanatomy an dem Medico-Chirurgical College, School of Medicine in Philadelphia. Zahlreiche Publikationen in neurologischen Fachzeitschriften der USA zeugen von seinen Aktivitäten. Lewy war in den USA Mitglied der American Neurological Association, der American Association of Neuropathology und der Association for Research in Nervous and mental Disease.

1940 erhielt Lewy die US-Staatsbürgerschaft. In den USA nannte er sich Frederic Henry Lewey und war der religiösen Gemeinschaft der Quäker beigetreten. Vom März 1943 bis Anfang 1946 war er als Militärarzt in den USA eingesetzt.

Friedrich Lewy starb 1950 65-jährig in Pennsburg, Montgomery County, Pennsylvania. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Haverford New Meeting Cemetery, Haverford Township, Delaware County, Pennsylvania.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Zur pathologischen Anatomie der Paralysis agitans. Dtsch Z Nervenheilk 1913; 50: 50-55
  2. Die Lehre vom Tonus und der Bewegung, zugleich systematische Untersuchungen zur Klinik, Physiologie, Pathologie und Pathogenese der Paralysis Agitans. Berlin: Springer 1923
  3. Mit Dresel K. Die Widalsche Leberfunktionsprüfung bei Paralysis agitans Kranken, Z ges exp Med 1923; 26: 87-94
  4. Die multiple Sklerose des Gehirns und Rückenmarks, in: Spezielle Pathologie und Therapie innerer Krankheiten, Band 10, 2. Teil. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg 1924, S. 95-154
  5. Mit Brugsch Th. Die Biologie der Person, 4 Bände. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg 1926-1931
  6. Historical introduction: The basal ganglia and their diseases. Trans Am Neurol Assoc 1942: 20: 1-20
Danksagung

Wolters Kluwer Health gebührt Dank für die freundliche Abdruckgenehmigung des Lewey-Porträts 1949 [Brown JR The early years of the American Academy of Neurology. Neurology 1947; 24: 1-9].


Quellen und Literatur
zu den Quellen
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Prof. Dr. med. Friedrich (Fritz) Heinrich Lewy

Verzeichnis der Quellen

  • Staatsbibliothek Berlin. Lewy F H. Dissertation: Degenerationsversuche am akustischen System des Kaninchens und der Katze. Zugleich ein Beitrag zur Anwendung der Marchischen Methode. Berlin 1910. SBB-SPK, Sign. Ja 3380-1910,5: 48

Verzeichnis der Literatur

  • Fischer I. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band II. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg; 1933. 907
  • Forsbach R, Hofer H-G. Internisten in Diktatur und junger Demokratie. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin 1933-1970. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2018: 428
  • Holdorff B. Friedrich Heinrich Lewy (1885-1950) and his work. J Hist Neurosc 2002; 11: 19–28
  • Holdorff B, Neumärker K-J. Die Geschichte des von F. H. Lewy 1932 gegründeten Neurologischen Instituts in Berlin, Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Nervenheilkunde 2002; 8: 77-96
  • Holdorff B., Rodrigues E, Silva A., Dodel R. Centenary of Lewy bodies (1912–2012). J Neural Transm 2013; 120: 509–516
  • Schleiermacher S, Schagen U (Hg.). Die Charité im Dritten Reich. Zur Dienstbarkeit medizinischer Wissenschaft im Nationalsozialismus. Paderborn-München-Wien-Zürich: Ferdinand Schöningh 2008: 57&60
  • Sweeney P, Loyd M, Daroff R. What’s in a name. Dr. Lewey and the Lewy body. Neurology 1997; 49 (2): 629–30

Verzeichnis der Weblinks