Prof. Dr. med. Julius Strasburger
- 26.12.1871, Jena
- 26.10.1934, Königstein im Taunus
- Mitglied seit 1925
- Frankfurt am Main
- Facharzt für Innere Medizin
Julius Strasburger wurde als Sohn des Botanikers Eduard Strasburger und der Pianistin Alexandrine Strasburger, geb. Wertheim, geboren. Der Vater lehrte zunächst in Jena, seit 1880 bis zu seinem Tod an der Universität Bonn.
„Hier [in Bonn] erhielt ich zunächst Privatunterricht und kam im Jahre 1884 in die Untertertia des Bonner Gymnasiums, welches ich Ostern 1890 mit dem Zeugnis der Reife verliess. Dann widmete ich mich in Bonn dem Studium der Medizin und bestand hier am 16. Februar 1892 die ärztliche Vorprüfung. Im Winter 1892/93 studierte ich in Berlin. Den folgenden Sommer setzte ich meine Studien in Freiburg fort und kehrte dann wieder nach Bonn zurück. Am 16. Februar 1894 bestand ich das Examen rigorosum“, so Strasburger in seiner Dissertationsschrift.
Aus-/Weiterbildung und Wirkstätte
Strasburgers Promotionsarbeit lautete: „Die Sarcome des Dickdarms“. Anfang 1895 bestand er in Bonn das medizinische Staatsexamen. Im März des Jahres erhielt er die Approbation.
Nach dem Studium war er zunächst als Volontärassistent in der II. Medizinischen Klinik der Charité in Berlin bei Carl Gerhardt tätig. Seit 1896 arbeitete er als Assistenzarzt in der Bonner Medizinischen Universitätsklinik bei Friedrich Schultze. In Bonn entwickelte sich zwischen Strasburger und dem dortigen Oberarzt Adolf Schmidt (1865 – 1918) bis zu dessen Weggang nach Dresden-Friedrichstadt 1902 eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit, in deren Zentrum die Beschäftigung mit der Physiologie und Pathologie des Darmes und der Verdauung stand. Funktion und Erkrankungen von Dünn- und Dickdarm waren in der damaligen Zeit nur wenig bearbeitet. Schmidt und Strasburger erweiterten jene Studien zur Darmpathologie, die der Wiener Internist Hermann Nothnagel (1841 – 1905) durchgeführt und 1884 in einem grundlegenden Werk zusammengefasst hatte. Für Schmidt und Strasburger standen die funktionellen Untersuchungen des Darmes im Vordergrund. Dazu entwickelten sie eine spezielle Probediät (Schmidt-Strasburger-Probekost) in Verbindung mit sorgfältigen systematischen makroskopischen und mikroskopischen Stuhluntersuchungen. Diese um 1900 seltenen Untersuchungen fanden national und international starke Beachtung.
1899 wurde Strasburger 28-jährig an der Bonner Universität für das Fach Innere Medizin mit der Arbeit „Weitere Untersuchungen über Fäzesgärung nebst allgemeinen Bemerkungen über das diastatische Ferment im menschlichen Stuhle“ habilitiert und erhielt die Venia legendi. Seit 1903 leitete er an der Bonner Medizinischen Universitätsklinik die Abteilung für physikalische Therapie. 1906 wurde ihm in Bonn eine Titularprofessur übertragen.
1902 hatte Julius Strasburger Marie-Edith Nothnagel (1880 – 1962) geheiratet, die Tochter des Wiener Internisten und Klinikers Hermann Nothnagel, der sich in Wien öffentlich im Kampf gegen den Antisemitismus engagierte.
Von 1909 bis zu seinem Tode 1934 gehörte Strasburger zum Herausgeberkreis des Archivs für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten („Boas Archiv“). In der Fachgesellschaft (D)GVS gehörte er von 1925 bis 1933 dem beratenden Ausschuss an. 1934 wird Strasburger mit großem Einsatz dafür eintreten, dass die von der Auflösung bedrohte Fachgesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (D)GVS erhalten blieb.
Im Oktober 1911 wechselte er als Nachfolger Richard Sterns an die Universität Breslau, heute Wrocław, übernahm die Leitung der dortigen Medizinischen Poliklinik und erhielt eine nicht beamtete außerordentliche Professur an der dortigen Medizinischen Fakultät. Richard Stern war im Februar 1911 45-jährig verstorben (Stern war der Großvater des bekannten deutsch-amerikanischen Historikers Fritz Stern, der mit seiner Familie im September 1938 aus Deutschland in die USA fliehen musste). Durch Strukturveränderungen war die Breslauer Medizinische Poliklinik nach Sterns Tod und damit auch Strasburger dem Ärztlichen Direktor der Breslauer Medizinischen Universitätsklinik, Oskar Minkowski, unterstellt.
1913 wurde Julius Strasburger an die in Gründung befindliche Frankfurter Universität berufen und übernahm Anfang Mai 1913 die Leitung der dort neu eingerichteten Medizinischen Poliklinik sowie des neuen Instituts für Physikalische Therapie (Frankfurter Therapeutikum). Mit dem 29.08.1914 erhielt Strasburger die Bestallung als Ordinarius für Innere Medizin an der Königlichen Universität zu Frankfurt. Für das Wintersemester 1914/15 kündigte er Vorlesungen und einen Untersuchungskurs an: „Medizinische Poliklinik“, die er fortan regelmäßig hielt, „Physikalische Therapie“, „Einführung in die Innere Medizin“ und einen „Chemisch-mikroskopischen Kurs“.
Am Ersten Weltkrieg nahm Strasburger seit der Mobilmachung aktiv als Stabsarzt teil und war in Feldlazaretten in Frankreich tätig. Seit Ende 1917 arbeitete er als beratender Internist in Seuchenlazaretten in Rumänien. Nach dem Krieg setzte Strasburger in Frankfurt seine wissenschaftliche Arbeit zur Verdauungspathologie fort, befasste sich mit Fragestellungen zum Gefäßtonus und zur Blutdruckamplitude und widmete sich der physikalischen Therapie, insbesondere der Hydrotherapie. Strasburger trug wesentlich zur Profilierung und zum guten Ruf sowohl der Medizinischen Poliklinik als auch des Frankfurter Therapeutikums bei.
1933/1934
Im Zusammenhang mit dem NS-„Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom April 1933 war auch Strasburger gezwungen, den „Arier-Nachweis“ zu führen. Verschärft wurde seine Situation durch strukturelle Maßnahmen mit einer deutlichen Reduktion der Bettenzahl der Medizinischen Poliklinik sowie eine Denunziation. Strasburgers Großvater mütterlicherseits, der Bankier Julius Wertheim, war in einer Familie jüdischen Glaubens geboren, allerdings 1844 im Jahr vor seiner Heirat zum evangelisch-lutherischen Glauben übergetreten.
Im April 1934 gehörte Julius Strasburger zu jenen, die sich intensiv gegen die drohende Auflösung der Fachgesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten wandten und ausdrücklich für deren Erhalt plädierten: „auf keinen Fall das Eigenleben [der Fachgesellschaft, Anm. H Je] aufzugeben“ (Vhdlg Gesell Verdauungs- und Stoffwechselkr, XII. Tagung Wiesbaden 1934, Leipzig: Georg Thieme Verlag, Leipzig 1934, S. 11 ).
Am 28.09.1934 wurde Strasburger nach § 6 des oben genannten Gesetzes in den Ruhestand versetzt. Nach diesem Paragraphen konnten Beamte „zur Vereinfachung der Verwaltung“ ohne Angabe von Gründen in den Ruhestand versetzt werden. Die Entwicklungen und die Verfolgungen seit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 sowie seine eigene Situation belasteten Strasburger psychisch stark.
Julius Strasburger starb am 26.10.1934 62-jährig in einem Sanatorium in Königstein im Taunus. Er wurde im Grab der Familie Strasburger in Bonn-Poppelsdorf bestattet.