Prof. Dr. med. Otto Kestner
- 30.05.1873, Breslau/ Wroclaw, Schlesien, Polen
- 21.02.1953, Hamburg
- Mitglied seit 1925
- Geflohen 1939, England
- Hamburg
- Physiologe
Otto Cohnheim (1916 nach der evangelischen Taufe Namensänderung: Otto Kestner) wurde 1873 in Breslau als Sohn des bekannten Pathologen der Breslauer und seit 1878 der Leipziger Universität Julius Friedrich Cohnheim und seiner Ehefrau Martha, geb. Lewald, geboren.
Ausbildung und Wirkungsstätte
Otto Cohnheim besuchte die Thomasschule in Leipzig und studierte seit 1891 an den Universitäten Heidelberg und Leipzig Medizin. Das Staatsexamen legte er 1896 in Leipzig ab und wurde im gleichen Jahr an der Heidelberger Universität mit der Arbeit „Über das Salzsäure-Bindungsvermögen der Albumosen und Peptone“ promoviert, die er bei dem Heidelberger Physiologen Wilhelm Kühne angefertigt hatte.
Nach dem Studium war Cohnheim als Assistenzarzt bei Wilhelm Erb in der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg und danach als 2. Assistent im Institut für Physiologie der Universität Heidelberg tätig. Er war wissenschaftlich höchst kreativ und beschäftigte sich frühzeitig mit Fragen der intestinalen Resorption. Bereits 1898 wurde er an der Medizinischen Fakultät der Heidelberger Universität mit der Arbeit „Über die Resorption im Dünndarm und in der Bauchhöhle“ für das Fach Physiologie habilitiert, lehrte in diesem Fach und erhielt 1904 in Heidelberg eine außerordentliche Professur. Im gleichen Jahr hielt sich Kestner an der Universität Boston im Rahmen einer Gastprofessur auf.
Im Juni 1913 wechselte er als Extraordinarius nach Hamburg und übernahm im Mai 1919 als Ordinarius das Amt des Direktors des Institutes für Physiologie an der neu gegründeten Medizinischen Fakultät der Hamburger Universität. Am Ersten Weltkrieg nahm er im Sanitätsdienst teil und befasste sich mit Fragen der Luftfahrtphysiologie.
Kestner beschäftigte sich intensiv mit Fragen der Verdauungsphysiologie im Magen und Dünndarm, mit der Funktion des Pankreas, mit dem Eiweiß- und Kohlenhydratstoffwechsel sowie mit Ernährungsfragen und publizierte hierzu hochrangig und vielfältig. Er entwickelte einen eigenen „Kestnerschen Respirationsapparat“ für experimentelle Stoffwechseluntersuchungen. 1904 veröffentlichte Cohnheim sein wegweisendes Buch „Chemie der Eiweißkörper“. Er forschte zur Sekretion im Gastrointestinaltrakt und beschrieb als Erster aus einem Schleimhautextrakt das Enzym „Erepsin“, das später als ein Gemisch verschiedener Peptidasen analysiert und differenziert wurde. Neben der Verdauungsphysiologie und dem Metabolismus befasste sich Otto Kestner in späteren Jahren eingehend mit Fragen der Klimaforschung.
Nach 1933
Otto Kestner wurde am 31.03.1934 aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 07.04.1933 an der Universität Hamburg entlassen und mit dem 30.06.1934 in den Ruhestand versetzt. Kestner reiste 1935 nach England und Schottland, während seine Familie zunächst in Berlin blieb. Er fand eine Tätigkeit in Bucksburn, einem Vorort von Aberdeen am Rowett Research Institute, das der Ernährungsforschung diente und von dem Londoner Geschäftsmann John Q. Rowett finanziell unterstützt wurde. Danach versuchte Kestner in Margate, Kent, ein Labor zur Erforschung des Klimas zu etablieren. Ende 1938 kehrte Kestner kurzzeitig nach Deutschland zurück.
Flucht nach Großbritannien 1939
Im Juli 1939 floh Otto Kestner mit seiner Familie aus Deutschland nach England. In Margate, Kent, fand er eine Tätigkeit im Royal See Bathing Hospital und konnte dort seine Klimastudien fortsetzen. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war Kestner vom Juni bis November 1940 als Enemy Alien auf der Isle of Man interniert. Englische Kollegen bemühten sich um seine Entlassung aus der Internierung. In der Folge konnte Kestner am Animal Nutrition Institute der School of Agriculture der Universität Cambridge arbeiten.
1949 kehrte Kestner nach Hamburg zurück. Die Hamburger Universität hatte ihm 1945 den Status eines Emeritus zuerkannt.
Otto Kestner starb am 21.02.1953 79-jährig in Hamburg.
Danksagung
Besonderer Dank gebührt Margret Johannsen, Hamburg, der Enkeltochter Otto Kestners für weiterführende Hinweise sowie für die Überlassung persönlicher Fotografien (Fotograf F. Kestner, England, Sohn Otto Kestners, 1936).
Beitrag von Dr. med. Harro Jenss, Worpswede