Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Prof. Dr. med.
Siegfried Samuel Korach
1855 - 1943

Professor Dr. med. Siegfried Samuel Korach <br> © Staatsarchiv Hansestadt Hamburg
Professor Dr. med. Siegfried Samuel Korach
© Staatsarchiv Hansestadt Hamburg

Mitglied seit 1925

Leitender Arzt für Innere Medizin, Israelitisches Krankenhaus Hamburg

Mitbegründer des Israelitischen Schwesternheims

88-jährig nach
Theresienstadt
deportiert

Dissertationsschrift 1878; Kopie Titelblatt Archiv H Je
Dissertationsschrift 1878; Kopie Titelblatt Archiv H Je
Dtsch Med Wochenschr 1891; 17: 66 – 8
Dtsch Med Wochenschr 1891; 17: 66 – 8
Korach als Lazarettarzt <br> © Staatsarchiv Hansestadt Hamburg
Korach als Lazarettarzt
© Staatsarchiv Hansestadt Hamburg

Prof. Dr. med. Siegfried Samuel Korach

  • 3‌0‌.‌0‌6‌.‌1‌8‌5‌5‌, Posen/ Posznan, Polen
  • 0‌1‌.‌0‌7‌.‌1‌9‌4‌3‌, Ghetto Theresienstadt/ Terezín, Tschechien
  • Mitglied seit 1925
  • Deportiert im Jahre 1943
  • Hamburg
  • Facharzt für Innere Medizin

Verfasser, geboren in Posen den 27. Juni 1855, mosaischer Confession, Sohn des praktischen Arztes J. Korach, besuchte das Königl. Friedrich-Wilhelms-Gymnasium, welches er Ostern 1874 mit dem Zeugnis der Reife verliess, um sich dem Studium der Medicin zu widmen. Er studirte bis Ostern 1875 in Berlin, bezog darauf die Universität Breslau“, so Siegfried Samuel Korach im Lebenslauf in seiner Dissertationsschrift. Seine Mutter war Cäcilie Korach, geb. Jaffé.

Dissertationsschrift 1878; Kopie Titelblatt Archiv H Je
Dissertationsschrift 1878; Kopie Titelblatt Archiv H Je

Ausbildung und Wirkungsstätte

In Breslau, heute Wroclaw, Polen, legte er 1878 das Staatsexamen ab und wurde im gleichen Jahr mit der Arbeit „Ueber die Entbindung nach Perforation des Schädels“ promoviert. Seine internistische Ausbildung absolvierte er im Jüdischen Krankenhaus in Köln sowie in der Medizinischen Abteilung des Kölner Bürgerhospitals. 1882 wechselte er als Assistenzarzt an das Israelitische Krankenhaus in Hamburg und arbeitete zunächst mit dem dortigen Chirurgen Heinrich Leisrink zusammen.

1886 heiratete Korach die aus einer Hamburger Kaufmannsfamilie stammende und 1862 geborene Mathilde Levy. Im gleichen Jahr wurde Siegfried Samuel Korach mit der Leitung der Abteilung für Innere Medizin am IK in Hamburg betraut. Korach und der Chirurg Albert Alsberg waren fortan über mehr als vier Jahrzehnte die prägenden Persönlichkeiten des Hamburger Jüdischen Krankenhauses.

Klinisch und publizistisch beschäftigte sich Korach mit Infektionskrankheiten, insbesondere mit der Tuberkulose. Während der Hamburger Choleraepidemie 1892 hatte er eine Vielzahl von Patienten zu betreuen und engagierte sich umfassend in der Bekämpfung der Epidemie.

Dtsch Med Wochenschr 1891; 17: 66 – 8
Dtsch Med Wochenschr 1891; 17: 66 – 8

1902 unterstützte er die Gründung des Israelitischen Schwesternheims in Hamburg und setzte sich tatkräftig für die Einrichtung einer eigenen jüdischen Schwesternschule ein, die 1908 die staatliche Anerkennung erhielt. Er unterrichtete regelmäßig an dieser Schule und wurde vom Hamburger Senat als Mitglied der staatlichen Prüfungskommission ernannt.

Während des Ersten Weltkriegs leitete Korach ein Reservelazarett mit 60 Betten innerhalb des IK.

Korach als Lazarettarzt <br> © Staatsarchiv Hansestadt Hamburg
Korach als Lazarettarzt <br> © Staatsarchiv Hansestadt Hamburg

Auf Vorschlag Bernhard Nochts verlieh der Hamburger Senat Korach in Würdigung seiner Verdienste 1917 den Professorentitel.

Korach war seit 1925 Mitglied der (D)GVS und gehörte seit dieser Zeit dem beratenden Ausschuss der Fachgesellschaft an. Er nahm regelmäßig bis 1932 an den Kongressen der (D)GVS ebenso teil wie an jenen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin. In der Hansestadt Hamburg war Korach Mitglied der dortigen Ärztekammer und seit 1928 Ehrenmitglied des Ärztlichen Vereins Hamburg.

 

Nach 1933

Nach Beginn der NS-Diktatur war er der zunehmenden Entrechtung und Demütigung der Juden ausgesetzt. Seine Mitgliedschaft in der staatlichen Prüfungskommission für die Schwesternausbildung wurde ihm im Frühjahr 1933 entzogen. Dennoch setzte er sich – seit 1930 nach 44 Jahren in leitender Position am IK tätig nun im Ruhestand lebend – unermüdlich gegen viele Widerstände für den Erhalt des Israelitischen Schwesternheims in Hamburg und der jüdischen Krankenpflegeschule ein. In diesem Zusammenhang bat Korach den damaligen Gesundheitssenator und Arzt Friedrich Ofterdinger um ein persönliches Gespräch. Ofterdinger, seit 1.9.1929 Mitglied der NSDAP und 1930 Mitbegründer des NS-Ärztebundes in Hamburg, lehnte ein Gespräch mit Siegfried Korach ab.

Über mehrere Jahrzehnte betreute Korach ärztlich die Bewohner*innen des Jüdischen Siechenheims sowie der Pflegestätte Schäferkampsallee 29 und des Altenhauses der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in der Sedanstraße 23.

Die NS-Behörden entzogen ihm am 30. September 1938 die Approbation. Im gleichen Jahr stellten die NS-Behörden Korachs Vermögen unter eine sogenannte Sicherungsanordnung. In der Folge konnte er nur nach Genehmigung über sein Vermögen verfügen. Er selbst, seine Ehefrau und eine Hausangestellte konnten lediglich über ein zugestandenes begrenztes monatliches „Haushaltsgeld“ von 900 RM verfügen, das 1943 nochmals gekürzt wurde.

Deportation nach Theresienstadt / Terezin

Das hochbetagte Ehepaar Korach wohnte in der Hamburger Hartungstrasse 1 und wurde von einer Haushälterin betreut. Am 19. Juni 1943 starb Korachs 81-jährige Ehefrau. Wenige Tage später, am 25.6.1943 (Transport VI / 8) wurde der 88-jährige nahezu erblindete Siegfried Korach nach Theresienstadt deportiert. Im Ghetto wurde er in der „geschlossenen Fürsorge“ im Siechenheim L 206 untergebracht.

Siegfried Korach starb im Ghetto am Morgen des 1.7.1943. Als Todesursache wurden „Altersschwäche und Marasmus“ angegeben. Die Todesfallanzeige für Siegfried Korach ist u.a. von Dr. Max Bergmann, dem früheren Leiter des Jüdischen Krankenhauses Hannover, unterschrieben, der ebenfalls im Ghetto Theresienstadt inhaftiert war und im Herbst 1944 in Auschwitz ermordet wurde.

Korachs Wohnungseinrichtung sowie seine umfangreiche Bibliothek ließen die NS-Behörden 1944 versteigern.

Ein Stolperstein vor seinem früheren Wohnhaus in der Hamburger Hartungstrasse 1 erinnert an Siegfried Samuel Korach. Eine Strasse in Hamburg-Lohbrügge ist seit 1965 nach ihm benannt.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Aus der Medicinischen Abtheilung des Cölner Bürgerhospitals. II. Allgemeines Hautemphysem mit Ansammlung brennbarer Gase nach Perforation eines Ulcus ventriculi. Dtsch Med Wochenschr 1880; 6: 290-293
  2. Ueber die mit dem Koch’schen Heilmittel auf der medizinischen Abtheilung erzielten Resultate. Dtsch Med Wochenschr 1891; 17: 66-68
  3. Über seroalbuminöse Expektoration bei Punktion pleuritischer Exsudate. Berl Klin Wochenschr 1919; 56: 412-414
  4. Ueber Vaccina généralisée. Dtsch Med Wochenschr 1925; 51: 1403-04
  5. Ueber viszerale Lues ( luische Peritonitis ) und luisches Leberfieber. Dtsch Med Wochenschr 1924; 50: 1402-1404

Beitrag von Dr. med. Harro Jenss, Worpswede. Stand 15.6.2025


Quellen und Literatur
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Prof. Dr. med. Siegfried Samuel Korach

Quellen

 Korach S. Ueber die Entbindung nach Perforation des Schädels. Dissertation, Breslau 1878, darin Lebenslauf S. 36f [Staatliche Bibliothek Berlin- Stiftung Preußischer Kulturbesitz, SBB-PK Sign. Ja 4693]

Staatsarchiv Hamburg
StAHH 352-3_IV C 16, Bl. 2 – 21 (Medizinalkollegium, Siegfride S. Korach). –
StAHH  111-1_58907 (Hamburger Senat, Verleihung von Professorentiteln 1917). –
StAHH  213-13_2762 (Amt für Wiedergutmachung / Rückerstattungssachen). –
StAHH  314-15_R 1938 / 3692 (Oberfinanzpräsident, Sicherungsanordnung u.a.).
StAHH 214-1_410 (Vollstreckung öffentlicher Verkauf / Gerichtsvollzieherwesen, Wohnungseinrichtung, Bücher Siegfried Korach)

Literatur

Jenss H, Jahn M, Layer P, Zornig C (Hg), Israelitisches Krankenhaus in Hamburg – 175 Jahre. Berlin: Hentrich & Hentrich Verlag, 2016, S. 43-44

Jenss H. Erinnerung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jüdischen Krankenhauses in Hamburg, die während der NS-Diktatur 1933–1945 vertrieben, deportiert oder ermordet wurden – Biografische Skizzen, Hamburg: 2. Aufl., 2018, S. 15

Meyer, B: Korach, Siegfried. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie, Band 5, Göttingen: Wallstein Verlag, Göttingen 2010, S. 218–219.

Theresienstädter Gedenkbuch, Die Opfer der Judentransporte aus Deutschland nach Theresienstadt 1942–1945. Institut Theresienstädter Initiative (Hg), Prag 2000, Berlin: Metropol Verlag 2000, S. 399

von Villiez A. Mit aller Kraft verdrängt. Entrechtung und Verfolgung „nicht arischer“ Ärzte in Hamburg 1933 bis 1945. Studien zur jüdischen Geschichte Band 11 (Hg. Schüler-Springorum St, Brämer A), München – Hamburg: Dölling und Galitz Verlag, 2009, S. 325-326

De Lorent H P. Täterprofile. Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz und die Kontinuität bis in die Zeit nach 1945. Band 3. Landeszentrale für Politische Bildung Hamburg [Hg], Hamburg 2019, S. 124-133

 

Weblinks

https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank, Opferdatenbank Ghetto Theresienstadt, Stand 1. 6. 2025

https://www.stolpersteine-hamburg.de/?&MAIN_ID=7&BIO_ID=20 , Dr. med. Siegfried Korach. Text zur Biographie Korachs: Beate Meyer, Stand 1. 6. 2025

https://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/korach-siegfried-samuel , Beitrag Anna von Villez, Stand 1.6.2025

https://www.hamburg.de/resource/blob/148096/94dcbc8b3ce7672accd53dde0fafb92c/taeterprofile-buch-band-3-data.pdf , Beitrag H.-P. de Lorent über Friedrich Ofterdinger, Stand 1. 6. 2025