Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Dr. med.
Richard Horwitz
1887 - 1941

Titelblatt Dissertationsschrift
Titelblatt Dissertationsschrift

Mitglied seit 1929

Niedergelassener Internist in Breslau

In den Selbstmord getrieben

Adressbuch Breslau 1919
Adressbuch Breslau 1919
Reichmedizinalkalender 1937, der Doppelpunkt vor dem Namen stigmatisiert Horwitz als Jude
Reichmedizinalkalender 1937, der Doppelpunkt vor dem Namen stigmatisiert Horwitz als Jude
Zählkarte Sterbefall, Kultusgemeinde Breslau, Arolsen Archives
Zählkarte Sterbefall, Kultusgemeinde Breslau, Arolsen Archives

Dr. med. Richard Horwitz

  • 3‌1‌.‌1‌0‌.‌1‌8‌8‌7‌, Breslau/ heute Wrocław, Polen
  • 0‌7‌.‌1‌2‌.‌1‌9‌4‌1‌, Breslau
  • Mitglied seit 1929
  • Breslau
  • Facharzt für Innere Krankheiten

„Ich, Richard Horwitz, geboren am 31. Oktober 1887 zu Breslau, bin preußischer Staatsangehöriger jüdischer Religion. Ich besuchte das  Johannes-Gymnasium zu Breslau, verließ es zu Ostern 1906 mit dem Zeugnis der Reife und wandte mich dann dem Studium der Medizin zu. Während des Sommersemesters 1906 studierte ich in Freiburg i.B., dann blieb ich bis zur Beendigung meines Studiums in Breslau, wo ich am 25. Juni 1908 die ärztliche Vorprüfung und am 11. Mai 1911 das medizinische Staatsexamen beendete. Zur Zeit bin ich als Medizinalpraktikant am Allerheiligen-Hospital zu Breslau tätitg“, so Richard Horwitz in seiner Dissertationsschrift 1912.

Seine Eltern waren der Breslauer Kaufmann Friedrich Horwitz (1842 – 1891) und Hedwig Horwitz, geb. Meyer.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

1912 wurde Richard Horwitz mit dem „Beitrag zur Behandlung der Pleuritis exsudativa mit Stickstoffinsufflation“ an der Schlesischen Friedrich-Willhelms-Universität Breslau promoviert. Die Arbeit fertigte er in der Inneren Abteilung A des Allerheiligen-Hospitals zu Breslau (gleichzeitig Teil der Medizinischen Universitätsklinik Breslau) bei Wilhelm Ercklentz an. Bei diesem hoch anerkannten Internisten, der sich mit Stoffwechsel- und Lungenerkrankungen befasste, war Horwitz nach seinem Studium tätig. Die ärztliche Approbation erhielt er 1912 − im Jahr seiner Promotion.

Zu welchem genauen Zeitpunkt sich Richard Horwitz in Breslau als Facharzt für Innere Krankheiten niederließ, ist bisher nicht bekannt. 1919 wohnt er am Ohlenauer Stadtgraben 24, eine große Prachtstraße, die ringförmig die Altstadt Breslaus umgab. Ab 1921 sind im Breslauer Adressbuch Sprechstundenzeiten angegeben. Es ist anzunehmen, dass Horwitz seine Praxis am Ohlenauer Stadtgraben zwischen 1919 und 1921 gegründet hat. Der Ohlenauer Stadtgraben als Horwitz‘ Anschrift ist in den Breslauer Adressbüchern bis 1934 zu finden, zu diesem Zeitpunkt allerdings ohne Angabe seiner Sprechstundenzeiten.

Adressbuch Breslau 1919
Adressbuch Breslau 1919
Adressbuch Breslau 1921
Adressbuch Breslau 1921

 

Nach 1933

Frühzeitig war Richard Horwitz den antijüdischen Maßnahmen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Im August 1933 wurde ihm seine Kassenzulassung entzogen. Er war fortan auf die Behandlung von Privatpatienten angewiesen. In der Folge war Horwitz offenbar gezwungen, seinen Wohn- und Praxissitz wiederholt zu verlegen. Im Breslauer Adressbuch 1935 ist er in der Charlottenstraße 9 zu finden, ohne Doktortitel, aber noch mit der Bezeichnung Facharzt. Die Charlottenstraße ist weit im Süden Breslaus gelegen, heute eine Wohngegend mit Plattenbauten. 1936 und 1937 lautet seine Anschrift Gutenbergstraße 8, noch weiter außerhalb im Osten Breslaus gelegen. Noch darf er sich als Facharzt bezeichnen.

Adressbuch Breslau 1935
Adressbuch Breslau 1935
Reichmedizinalkalender 1937, der Doppelpunkt vor dem Namen stigmatisiert Horwitz als Jude
Reichmedizinalkalender 1937, der Doppelpunkt vor dem Namen stigmatisiert Horwitz als Jude

 

Mit dem 30. September 1938 wurde ihm die Approbation entzogen. Im Reichsarztregister ist vermerkt, dass Horwitz im Dezember 1937 ohne ärztliche Tätigkeit sei. Nach dem Approbationsentzug im Herbst 1938 war er als „Krankenbehandler“ tätig und durfte lediglich jüdische Patienten und Patientinnen behandeln. Es war ihm verboten, sich Arzt zu nennen. In den Breslauer Adressbüchern von 1939 und 1940 wird er unter der Adresse Goethestraße 18 (wieder im Süden der Stadt), nunmehr als Privatmann, ohne Doktortitel und ohne Facharztbezeichnung aufgeführt.

Adressbuch Breslau, 1939, Archiv CH
Adressbuch Breslau, 1939, Archiv CH

 

Seit dem Januar 1938 musste Horwitz aufgrund des NS-Gesetzes „über die Änderung der Familiennamen und Vornamen“ als zweiten Vornamen „Israel“ angeben.

Am 25. November 1941 wurde die erste Deportation von 1000 schlesischen Juden und Jüdinnen vom Bahnhof Breslau-Odertor nach Kowno (Kaunas, Litauen) durchgeführt.

Richard Horwitz nimmt sich in der Nacht vom 6. zum 7. Dezember 1941 − 54-jährig − mit Schlaftabletten das Leben.  Er war nicht verheiratet. Angehörige sind bisher nicht bekannt. In der Sterbeurkunde 1941 wird Richard Horwitz als „Krankenbehandler“ bezeichnet.

Richard Horwitz, Sterbeurkunde 1941, Ancestry.de
Richard Horwitz, Sterbeurkunde 1941, Ancestry.de
Zählkarte Sterbefall, Kultusgemeinde Breslau, Arolsen Archives
Zählkarte Sterbefall, Kultusgemeinde Breslau, Arolsen Archives

 

Beitrag:
Dr. med. Cornelie Haag, Dresden
Dr. med. Harro Jenss, Worpswede

 


Quellen und Literatur
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Dr. med. Richard Horwitz

Verzeichnis der Quellen

  • Horwitz R. Beitrag zur Behandlung der Pleuritis exsudativa mit Stickstoffinsufflation. Med. Dissertation, Königliche Friedrich-Wilhelms Universität Breslau 1912. Staatsbibliothek Berlin /SBB-PK, Sign. Ja 4722-1912,2 darin Lebenslauf S. 26f
  • Reichsmedizinalkalender 1937. Digitale Sammlung der ZB Medizin – Informationszentrum für Lebenswissenschaften. Im Internet: https://digital.zbmed.de/medizingeschichte/periodical/structure/4948689
  • Ercklentz, Bernhard, „Ercklentz, Wilhelm“, In: Neue Deutsche Biographie 4, 1959, S. 568 [www.deutsche-biographie.de/pnd135910641.html#ndbcontent]

Verzeichnis der Literatur

  • Cohn W. Kein Recht, Nirgends. Tagebuch vom Untergang des Breslauer Judentums. 1933 – 1941, Band 2, Köln – Weimar – Wien: Böhlau Verlag 2007, S. 562 und 575f.

Verzeichnis der Weblinks

  • Arolsen Archives https://collections.arolsen-archives.org/de/document/12659175 ( Kultusvereinigung Breslau, Zählkarte Zuzug-Fortzug-Sterbefall, Dr. med. Richard Horwitz, mit inkorrektem Geburtsjahr ) , Stand 25.1.20224
  • Ancestry.de / https://www.ancestry.de/search/?name=richard_Horwitz&event=_breslau-niederschlesien-polen_1200335&birth=1887&name_x=i_1 ( Richard Israel Horwitz, geb. 31.10.1887 in Breslau ), Stand 25.1.2024