Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Prof. Dr. med.
Walter Arnoldi
1881 - 1960

Prof. Dr. med. Walter Arnoldi <br> in den 1950er Jahren © <br> Klavs A. Holm, Dänemark
Prof. Dr. med. Walter Arnoldi
in den 1950er Jahren ©
Klavs A. Holm, Dänemark

Mitglied seit 1926

Studium in Berlin und Würzburg

Herz-Kreislauf-Forscher

Flucht nach
Dänemark
1939 und
Schweden 1943

Dissertation, Berlin 1908
Dissertation, Berlin 1908
Arnoldis Entlassungsschein Konzentrationslager Sachsenhausen, Bildquelle Entschädigungsbehörde Berlin
Arnoldis Entlassungsschein Konzentrationslager Sachsenhausen, Bildquelle Entschädigungsbehörde Berlin

Prof. Dr. med. Walter Arnoldi

  • 1‌4‌.‌1‌0‌.‌1‌8‌8‌1‌, Mainz
  • 3‌0‌.‌0‌1‌.‌1‌9‌6‌0‌, Kopenhagen
  • Mitglied seit 1926
  • Geflohen 1939, Dänemark
  • Berlin
  • Facharzt für Innere Medizin

„Ich, Walter Arnoldi, evangelischer Konfession, Sohn des verstorbenen Bauunternehmers Kommerzienrats Leo Arnoldi, wurde am 14. Oktober 1881 zu Mainz geboren. Nach bestandener Reifeprüfung auf dem Gymnasium zu Darmstadt bezog ich Ostern 1902 die Universität Berlin, woselbst ich, bis auf ein Semester in Würzburg, dauernd studierte. Das Tentamen physicum legte ich im Juli 1904 ab, das medizinische Staatsexamen beendete ich Juli 1907, beide Prüfungen in Berlin“, so Walter Arnoldi im Lebenslauf seiner Dissertationsschrift. Seine Mutter war Regina Arnoldi, geb. Bennedik.

Dissertation, Berlin 1908
Dissertation, Berlin 1908

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Nach dem Staatsexamen war Arnoldi vom August 1907 bis zum September 1908 Medizinalpraktikant bei dem Internisten Hermann Senator an der Berliner Charité. Während dieser Zeit hielt er sich drei Monate in London bei dem Chirurgen Victor Horsley zu einer Hospitation auf. Am 20.11.1908 wurde er an der Berliner Universität mit der Arbeit „Zwei Fälle von Muskelatrophie“ promoviert. Seine internistische Ausbildung erhielt er von 1911 bis 1914 bei Alfred Goldscheider am Medizinisch-Poliklinischen Institut der Berliner Charité (der früheren und seit 1919 wieder so bezeichneten III. Medizinischen Universitätsklinik) sowie seit April 1914 bei Friedrich Kraus in der II. Medizinischen Klinik der Charité. Er arbeitete seit 1927 bei Kraus’ Nachfolger Gustav von Bergmann. 1923 wurde Arnoldi an der Berliner Universität für das Fach Innere Medizin habilitiert. 1927 erhielt er eine außerordentliche Professur.

Arnoldi forschte vor allem über Funktion und Mechanismen des Herz- und Kreislaufsystems. Dabei stellte er experimentelle Untersuchungen zum Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels an. Weitere wissenschaftliche Arbeiten bezogen sich auf Stoffwechselerkrankungen.

Arnoldi wurde am 15.03.1931 zum Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin am evangelischen Paul-Gerhardt-Krankenhaus in Berlin ernannt. Zudem führte er eine Praxis für Innere Medizin in der Berliner Hardenbergstraße 9.

 

1933

Die Mutter des evangelisch getauften Walter Arnoldi Regina, geb. Bennedik, und seine Ehefrau Martha Dorothea, geb. Schuster, waren mosaischer Konfession. Als sogenannter Mischling ersten Grades wurde Arnoldi gezwungen, zum 31.05.1933 seine Chefarztfunktion aufzugeben. In der Folge führte er eine Privatpraxis. 1935 wurde ihm aufgrund des Paragraphen 4 des Reichsbürgergesetzes bzw. aufgrund der Ersten Verordnung zu diesem Gesetz („Juden können keine Reichsbürger sein“) die Lehrbefugnis an der Berliner Universität entzogen. Er blieb zunächst in Berlin. Am 30.09.1938 verlor er aufgrund der NS-Gesetzgebung seine Approbation.

Unmittelbar nach dem Pogrom am 09.11.1938 wurde Arnoldi bis zum 16.12.1938 im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Er war zu Zwangsarbeit verurteilt, zog sich eine schwere Erkrankung zu und musste nach der Entlassung aus dem Konzentrationslager mehrere Wochen stationär im Berliner Martin-Luther-Krankenhaus behandelt werden. Während dieser Zeit wurde er von dem Internisten Fritz Munk betreut.

Arnoldis Entlassungsschein Konzentrationslager Sachsenhausen, Bildquelle Entschädigungsbehörde Berlin
Arnoldis Entlassungsschein Konzentrationslager Sachsenhausen, Bildquelle Entschädigungsbehörde Berlin

 

Flucht nach Dänemark 1939 und nach Schweden

Im März 1939 flohen der 57-jährige Arnoldi, seine Ehefrau und die Tochter Elisabeth nach Kopenhagen. Seit April 1940 stand Dänemark unter deutscher Besatzung. 1943 kam es dort zur offenen Verfolgung und zur Verhaftung von Juden. Arnoldi und seine Familie konnten rechtzeitig nach Schweden fliehen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrte er nach Dänemark zurück und lebte bis 1960 in Kopenhagen. Gesundheitlich beeinträchtigt konnte er zeitweise im dortigen Rigshospitalet nachgeordnete Tätigkeiten als wissenschaftliche Hilfskraft und als Archivar in der Klinik für Psychiatrie sowie in der medizinischen Poliklinik übernehmen. Der bei Kriegsende 64-jährige Arnoldi hatte keine Möglichkeiten mehr, seine frühere Arbeit wieder aufzunehmen.

Walter Arnoldi starb 78-jährig im Januar 1960 in Kopenhagen. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Urnenfeld des Bispebjerg-Friedhofs Kopenhagen.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Mit Leschke E. Die sessilen Rezeptoren bei der Anaphylaxie und die Rolle des autonomen Nervensystems beim anaphylaktischen Symptomenkomplex. Dtsch Med Wochenschr 1920; 46: 1134
  2. Die klinische Untersuchung des Kreislaufs im Vergleich mit den Modellversuchen v. Baschs. Dtsch Med Wochenschr 1920; 46: 1106-1107
  3. Die Regelung der Darmtätigkeit unter Mitbenutzung kleiner Mengen von Atropin. Dtsch Med Wochenschr 1921; 47: 1583
  4. Der Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels unter verschiedenen Einflüssen. Untersuchungen am isolierten Froschherzen mit Demonstration einer einfachen Apparatur. Vhdlg Dtsch Gesell Inn Med 1924; 36. Kongress, S. 64
  5. Die Syphilis der Kreislauforgane, in: Spezielle Pathologie und Therapie Innerer Krankheiten, Band 4, II. Hälfte, Herzkrankheiten, [ Hg ] Kraus F, Brugsch Th, Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg 1925, S. 829-900
Danksagung

Axel Bargherr, Pastor der deutsch-reformierten Gemeinde Kopenhagen, gebührt großer Dank für seine Hinweise und seine Hilfe bei der Suche nach der Grabstätte Walter Arnoldis und für die Kontaktvermittlung zur Familie Elisabeth Holms, der Tochter Walter und Martha D. Arnoldis.


Quellen und Literatur
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Prof. Dr. med. Walter Arnoldi

Verzeichnis der Quellen

  • Staatsbibliothek Berlin. Arnoldi W. Dissertation: Zwei Fälle von Muskelatrophie. Berlin 1908. SBB-SPK, Ja 3380-1908,1:28f.
  • Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) Berlin. Abt. I. Entschädigungsbehörde. Entschädigungsakte Dr. Walter Arnoldi. Berlin. Nr. 50113

Verzeichnis der Literatur

  • Fischer I. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band I. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg; 1932: 39
  • Voswinckel P. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Berlin 1932-1933. Band III. Hildesheim, Zürich, New York: Geord Olms Verlag; 2002: 43f.
  • Schleiermacher S, Schagen U (Hg.). Die Charité im Dritten Reich. Zur Dienstbarkeit medizinischer Wissenschaft im Nationalsozialismus. Paderborn-München-Wien-Zürich: Ferdinand Schöningh 2008: 58
  • Schwoch R. Berliner Jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus. Ein Gedenkbuch. Berlin: Hentrich & Hentrich Verlag 2009: 52f.

Verzeichnis der Weblinks