Dr. med. Adolf Edelmann
- 14.02.1885, Dzialoszyce, Polen
- Juli 1939, Warschau
- Mitglied seit 1925
- Geflohen 1938, Polen
- Wien
- Facharzt für Innere Medizin und Stoffwechselforscher
Adolf Edelmann wurde am 14. 2. 1885 in dem polnischen Ort Działoszyce, etwa 45 km nordöstlich Krakaus, damals zu Österreich-Ungarn gehörig, geboren. In dem Ort war der Anteil der jüdischen Bevölkerung an der Gesamteinwohnerzahl in jener Zeit sehr hoch.
Ausbildung und Wirkungsstätte
Edelmann studierte an den Universitäten Krakau, heute Krakow, Polen und Wien Medizin. Den Abschluss des Studiums und die Promotion absolvierte er 1911 an der Medizinischen Fakultät in Krakau. Nach dem Studium wechselte er als Assstenzarzt an die I. Medizinische Universitätsklinik Wien zu Carl von Noorden und Karel Frederik Wenckebach. Seit 1912 war er Mitglied der Wiener Ärztekammer. Nach seiner Ausbildung zum Internisten war er vorübergehend kommissarischer Leiter der Abteilung für Innere Medizin am Wiener Wilhelminenspital.
Seit 1915 führte Adolf Edelmann in der Borschkegasse 7 im IX. Wiener Bezirk eine Praxis, wobei er seit dieser Zeit während der Sommermonate in Karlsbad, heute Karlovy Vary, Tschechien, praktizierte (vgl. Wiener Adressbuch 1915, S. 231). Von 1927 bis 1938 befand sich Edelmanns Facharztpraxis für Innere Medizin in der Kreindlgasse 15 im XIX. Wiener Bezirk. Die Praxis führte er gemeinsam mit seiner Ehefrau Dr. Fryda Edelmann, geb. 1.10.1885 in Krakau, die als Kurärztin tätig war. Bis 1938 waren beide gemeinsam während des Sommers in Karlsbad tätig. Gelegentlich hielt Edelmann Sprechstunden im galizischen Kurort Truskawiec, heute Truskawez, Ukraine, ab.
Edelmanns Hauptarbeitsgebiete bezogen sich auf infektiöse Erkrankungen sowie hämatologische und onkologische Krankheiten. So beschrieb er als viertes Blutelement die sogenannten Kinetozyten. Magen-, Darm- und Stoffwechselerkrankungen waren für ihn ein weiteres Arbeitsgebiet.
Im Sommer 1929 begegnete Adolf Edelmann in Karlsbad dem amerikanischen Philantropen Samuel Canning Childs, der in den USA in New Jersey und Philadelphia eine große Zahl an Lebensmittelgeschäften und Warenhäusern betrieb. Childs spendete einen beträchtlichen Teil seines Vermögens für wohltätige Zwecke. S. C. Childs wurde 1859 in England geboren, kam 1867 mit seinen Eltern in die USA und lebte seit 1905 in Collingswood, Camden County, New Jersey. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau war Childs seit 1923 mit der wohlhabenden Mary Louise Milliken verheiratet, mit der er gemeinsam die Spendentätigkeit fortsetzte. Childs starb 1932, seine Grabstätte findet sich auf dem Harleigh Cemetery, Camden, New Jersey.
1929 begründete Childs in Wien die „Samuel Canning Childs Stiftung zur Erforschung und Behandlung innerer Krankheiten und des Krebses“. Die Stiftung erwarb im gleichen Jahr in der Pelikangasse 15 im IX. Wiener Bezirk das frühere Sanatorium Dr. Anton Loew. Fortan wurde es Samuel Canning Childs Spital- und Forschungsinstitut genannt. Adolf Edelmann war von 1929 bis 1938 Ärztlicher Direktor und Primarius in dieser Institution. Otto Porges war nach seinem Ausscheiden aus der Wiener Medizinischen Universitätsklinik von 1935 bis 1938 in der Medizinischen Klinik des Childs-Spitals tätig ebenso wie der Internist Ernst Rudolf Hammerschlag. Beide, Porges und Hammerschlag flohen 1938 in die USA.
1938
Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich am 13. März 1938 wurde das Childs-Spital von den NS-Behörden bereits am 28. März 1938 enteignet und in das Eigentum der Stadt Wien überführt. Diese verkaufte das Spital 1941 an die Wiener Privatklinik Gesellschaft.
Edelmann war den antijüdischen Verfolgungen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Er wurde 1938 gezwungen, eine Vermögenserklärung abzugeben. Im Adressbuch Wiens von 1938 sind er und seine Ehefrau mit ihrer Praxis noch in der Kreindlgasse 15 verzeichnet.
Im November 1938 fliehen beide aus Wien nach Warschau. Die Verwaltung ihrer Praxis in Karlsbad wird von den NS-Behörden am 28. 11. 1938 kommissarisch kurzzeitig einem Juristen übertragen und damit bis zum 17. 12. 1938 unter eine Zwangsverwaltung gestellt.
Adolf Edelmann stirbt im Juli 1939 54-jährig in Warschau. Die Todesumstände sind ungeklärt, seine Grabstätte ist nicht bekannt
Edelmanns Ehefrau, Dr. med. Fryda Edelmann wohnte im September 1939 in Warschau, später in Lwow. Sie überlebte den Holocaust. Ihre Lebensspuren nach 1945 sind bisher unbekannt. [https://collections.yadvashem.org/en/names/8990810 ]
Danksagung
Meiner Kollegin Dr. med. Cornelie Haag, Dresden, gebührt großer Dank für ihre Recherchen zu Dr. Adolf Edelmann in Wien und in Karlsbad / Karlovy Vary, Tschechien.
Beitrag von Dr. med. Harro Jenss, Worpswede. Stand 9.1.2025
Quellen:
Wiener Stadt- und Landesarchiv. Kartei: Ärztinnen und Ärzte 1920 -1938. Ärztekammer Wien, Signatur 2.10.2.K1.
AT-OeStA / AdR Finanzen, VVST VA 34.244
Stadtarchiv Karlovy Vary, Tschechien. Inv.-c 6922, Karton 3637 [Landratsbeschluss zur Zwangsverwaltung beschlagnahmten Eigentums, betr. Dr. Adolf Edelmann und Dr. Fryda Edelmann, Karlsbad, Am Markt 19].
Literatur:
Fischer I. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band 1 [Aaser –Komoto], Berlin / Wien: Urban & Schwarzenberg 1932, S. 348.
Vgl. Voswinckel P. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre von Isidor Fischer, Berlin 1932-1933. Bände III-IV: Nachträge und Ergänzungen. 3. Band [Aba-Kom]. Hildesheim-Zürich-New York: Georg Olms Verlag 2002, S. 354
Spielvogel I, Spałek K, Proĉków J. The Jewish doctors involved in the development of health resorts in eastern Galicia at the late 19th and early 20th century (Central and Eastern Europe). Wiener klin Wochenschr 2018; 130: 680-85, hier 683
Forsbach R, Hofer H-G. Internisten in Diktatur und junger Demokratie. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin 1933-1970, Hg. C. Sieber, U. R. Fölsch, M. G. Broglie. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2018, S. 419
Adolph Lehmann’s Allgemeiner Wohnungszeiger nebst Handels- und Gewerbe Adressbuch für d. k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien 1915, S. 231, 1920, S. 235, 1926, S. 325, 1927, S. 246, 1936, S. 239, 1938, S. 231
[vgl. https://www.digital.wienbibliothek.at/periodical/structure/5311]
Weblinks
https://www.whonamedit.com/doctor.cfm/2138.html [Adolf Edelmann Eponym], Stand 21. 12. 2024)
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/S._Canning_Childs-Spital [Zur Gründung und Enteignung der Samuel Canning Childs Stiftung 1929 und 1938], Stand 21.12. 2024
https://www.jta.org/archive/adolf-edelman-viennese-cancer-specialist-dies-in-poland Stand 21.12.2024
https://collections.yadvashem.org/en/names/8990810 [Eintrag mit polnischer Karteikarte zu Dr. Fryda Edelmann, geb. 1.10.1885 in Krakau, geb. Lewser], Stand 21.12.2024
https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/131814839?s=Edelmann,%20Fryda&t=751750&p=1 [Eintrag Arolsen Archives zu Dr. Fryda Edelmann, geb. 1.10.1885, Documentation of the Central Location Index of the Joint Distribution Committee (JDC) New York], Stand 21. 12. 2024