Prof. Dr. med. Ernst Unger
- 02.04.1875, Berlin
- 13.09.1938, Prenzlau
- Mitglied seit 1929
- Berlin
- Chirurg
Ernst Unger wurde als Sohn des Bankkaufmanns Albert Unger und seiner Ehefrau Elise, geborene Wiesenthal, die aus einer Berliner Arztfamilie stammte, am 02.04.1875 in Berlin geboren. Dort besuchte er seit 1884 das Königlich Joachimsthalsche Gymnasium in der heutigen Bundesallee. Nach dem Abitur 1892 studierte Unger Medizin an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, unterbrochen von zwei Aufenthalten an der Universität Freiburg 1893 und 1895. 1896 legte er in Berlin das Staatsexamen ab und promovierte 1898 bei dem Pathologen Carl Benda mit der Arbeit „Das Colostrum“.
Ausbildung und Wirkungsstätte
Unger begann 1899 seine Aus- und Weiterbildung bei dem Internisten und Bakteriologen Albert Fraenkel (Erstbeschreiber der Pneumokokken) in der Abteilung für Innere Medizin am Berliner Städtischen Krankenhaus Am Urban. Im gleichen Jahr wechselte er zu Ferdinand Karewski an die Poliklinik für Chirurgie am Jüdischen Krankenhaus in Berlin. Von 1903 bis 1905 war Unger bei Ernst von Bergmann an der Berliner Chirurgischen Universitätsklinik tätig. Danach ließ er sich als Spezialarzt für Chirurgie nieder und eröffnete in der Derfflingerstrasse 21 in Berlin-Tiergarten eine für die damalige Zeit hochmoderne Privatklinik für Chirurgie, in der neben Unger Ernst von Bergmann, der Chirurg Hans Kehr, der HNO-Spezialist Gustav Kilian und der Urologe Paul Rosenstein ihre Privatpatienten operierten.
1919 erhielt Unger den Professorentitel. Seit 1920 war er dirigierender Arzt der II. Chirurgischen Klinik am Städtischen Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin.
Unger war ein universeller Chirurg, der sich neben der Abdominalchirurgie frühzeitig der Nierentransplantation widmete. Seit 1903 führte er vielfältige und zahlreiche tierexperimentelle Transplantationsuntersuchungen der Niere durch, die letztlich erfolglos blieben und an einer von ihm selbst postulierten „biochemischen Barriere“ scheiterten. In Deutschland gilt Unger als Pionier der Nierentransplantation. Daneben beschäftigte er sich mit Problemen der Gefäß- und Nervennaht, der endotrachealen Insufflationsnarkose, der transthorakalen Oesophagusoperation, der Gastrektomie sowie mit Fragen der Bluttransfusion und der Organisation eines Blutspendedienstes. Bemerkenswert sind zudem seine mit Fritz Bleichröder gemeinsam durchgeführten Untersuchungen mit intravasalen Kathetern (Berl Klin Wochenschr 1912; 49: 1504-1507).
1933
Ernst Unger gehörte zu den ersten Berliner Ärzten, die wegen ihrer Zugehörigkeit zur jüdischen Religionsgemeinschaft nach Beginn der NS-Diktatur ihre Funktionen verloren. Er wurde im April 1933 von den Nationalsozialisten aus seinem Amt als Leitender Arzt am Rudolf-Virchow-Krankenhaus entlassen, die Klinik durfte er nicht mehr betreten. 1936 wurde er gezwungen seine Privatklinik zu verkaufen. Unger durfte in der Folgezeit lediglich jüdische Patientinnen und Patienten behandeln.
Die zunehmende Entrechtung und Demütigung der Juden während der NS-Diktatur drückte Unger im August 1938 in einem Brief an seinen Sohn aus: „Und dann bitte ich davon Kenntnis zu nehmen, dass ich vom 01.01.1939 an Ernst Israel Unger heiße und eine Kennkarte mit dem Aufdruck „Jude“ und Fingerabdruck dauernd bei mir tragen werde“.
Ernst Unger starb am 13.09.1938 im Kreiskrankenhaus Prenzlau an den schweren Folgen eines Autounfalls, den er auf der Autobahn in der Nähe Gramzows, Landkreis Uckermark, erlitten hatte.