Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Prof. Dr. med.
Eugen Joseph
1879 - 1933

Prof. Dr. med. Eugen Joseph
Prof. Dr. med. Eugen Joseph

Mitglied seit 1929

Mitbegründer des Faches Urologie

Gründete eine chirurgisch-urologische Privatklinik in Berlin

Entzug der
Lehrbefugnis 1933

Zentralblatt für Chirurgie 1906
Zentralblatt für Chirurgie 1906
Klinische Wochenschrift 1933
Klinische Wochenschrift 1933

Prof. Dr. med. Eugen Joseph

  • 2‌6‌.‌0‌4‌.‌1‌8‌7‌9‌, Bad Landeck/Lądek Zdrój, Niederschlesien, Polen
  • 2‌4‌.‌1‌2‌.‌1‌9‌3‌3‌, Berlin
  • Mitglied seit 1929
  • Berlin
  • Chirurg und Urologe

Eugen Joseph wurde 1879 im früheren Niederschlesien als Sohn des praktischen Arztes Dr. Ludwig Joseph geboren. Seine Familie übersiedelte 1890 nach Berlin. Am dortigen Wilhelmsgymnasium legte Eugen Joseph 1897 das Abitur ab.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Eugen Joseph studierte in Greifswald, Breslau/Wrocław, Berlin und in den letzten vier Semestern in Heidelberg Medizin. Dort erfolgten 1902 das Staatsexamen sowie die Promotion mit der Arbeit „Die Morphologie des Blutes bei der akuten und chronischen Osteomyelitis“.

Die Weiterbildung im Fach Chirurgie absolvierte Joseph in der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg bei Vincenz Czerny sowie seit 1904 bei August Bier, Chirurgische Universitätsklinik Bonn, der in jener Zeit im St. Johannes-Hospital operierte. Mit Bier wechselte Joseph 1907 an die Berliner Chirurgische Universitätsklinik in der Berliner Ziegelstraße und habilitierte sich 1910 für das Fachgebiert Chirurgie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. 1921 erhielt er eine außerordentliche Professur an der Berliner Universität.

Zentralblatt für Chirurgie 1906
Zentralblatt für Chirurgie 1906

Frühzeitig war die urologische Chirurgie Josephs Spezialgebiet, in dem er zu urologisch-diagnostischen Fragen sowie unter anderem zur Therapie der Harnblasentumore mittels Thermokoagulation forschte und umfangreich publizierte. Er gehörte zu den Mitbegründern des neuen Fachgebietes Urologie. 1904 publizierte er gemeinsam mit Friedrich Voelcker zur Chromocystoskopie. 1913 wurde er Leiter der Abteilung für Urologie des Poliklinischen Universitäts-Institutes für Chirurgie in der Ziegelstraße. 1921 eröffnete Joseph im ehemaligen Sanatorium Hygiea in der Berliner Martin Luther Straße eine chirurgisch-urologische Privatklinik. Mit der Berliner Urologischen Universitätspoliklinik in der Ziegelstraße blieb er weiterhin assoziiert und hielt Vorlesungen in seinem Fachgebiet an der Berliner Universität.

Joseph war Mitherausgeber der Zeitschrift für Urologie. Neben seinem Spezialgebiet publizierte Joseph zu Fragen der Abdominalchirurgie und beschäftigte sich mit Grundfragen der Entzündung und der Infektionen. Gemeinsam mit August Bier gab er das „Lehrbuch der Hyperämiebehandlung akuter chirurgischer Infektionen“ (Leipzig 1911) heraus. Im Mai 1933 erschien Josephs letzte Arbeit zur „Bedeutung der intravenösen Pyelographie“ (Klinische Wochenschrift 1933; 12: 793-799).

Klinische Wochenschrift 1933
Klinische Wochenschrift 1933

Zu seinen Schülern zählten Werner Staehler (1908-1984) und Simon Perlmann (1898 – 1949). Staehler, der für die transurethrale Elektroresektion ein neues Resektoskop einführte, wurde erster ärztlicher Leiter der Klinik für Urologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Perlmann, langjähriger Mitarbeiter Josephs, emigrierte 1934 nach Polen und etablierte als Leiter einer speziellen Station für Urologie an der Chirurgischen Universitätsklinik Wilna/Vilnius die neue Fachdisziplin. Später gelangte Perlmann nach Palästina.

 

1933

Mit dem 04.09.1933 wurde Joseph die Lehrbefugnis an der Berliner Universität entzogen (§ 3 Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentum vom 07.04.1933, Entzug der Lehrbefugnis wegen „nicht-arischer Abstammung“). Die Entrechtung und Demütigung der Juden nach Beginn der NS-Diktatur hat Joseph zutiefst getroffen.

Am 24.12.1933 beging Eugen Joseph, 54-jährig, Selbstmord in Berlin. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee begraben. Seine Ehefrau Lilly Joseph und die 27-jährige Tochter Marianne flohen aus Deutschland zunächst in die Schweiz und später nach Frankreich. Von dort wurden sie im Dezember 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Der zweiten Tochter des Ehepaars Josephs gelang die Flucht nach Palästina.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Mit Voelcker F. Chromocystoskopie. Dtsch med Wochenschr 1904; 30: 536-538
  2. Zur Technik der Gastroenterostomie und der Enteroenterostomie. Zbl Chir 1906; 33: 567-569
  3. Eine neue Methode zur Behandlung der Blasengeschwülste. Zbl Chir 1919; 46: 931-934
  4. Kystoskopische Technik. Ein Lehrbuch der Kystoskopie, des Ureterenkatheterismus, der funktionellen Nierendiagnostik Pyelographie und intravesikalen Operation. Berlin: Julius Springer Verlag 1923.
  5. Die Harnorgane im Röntgenbild. Leipzig: Georg Thieme Verlag. 1926. 2. Aufl. 1931

Quellen und Literatur
zu den Quellen
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Prof. Dr. med. Eugen Joseph

Verzeichnis der Quellen

  • Bayerische Staatsbibliothek. Joseph E. Dissertation: Die Morphologie des Blutes bei der akuten und chronischen Osteomyelitis. Heidelberg 1902. BSB, Sign. Diss. med 362-60: 22
  • Landesarchiv Berlin. Personenstandsregister/Sterberegister Nr. 1602, Urkunde Nr. 1556
  • Mahrenholz M A. Disseration: Eugen Joseph (24.04.1879 – 24.12. 1933). Biobibliographie eines Berliner Urologen. Berlin; 1978

Verzeichnis der Literatur

  • Bauer H, Kraas E, Steinau HU. [Hg] Schwoch R [A]. Deutsche Gesellschaft für Chirurgie 1933-1945. Die Verfolgten. Heidelberg: Kaden Verlag; 2019 129f.
  • Fischer I. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band I. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg; 1932: 722
  • Hausmann H. Das urologische Erbe. Eugen Joseph (1879-1933). Z Urol Nephrol 1987; 80: 703-705
  • Krischel M, Moll F, Bellmann J, Scholz A, Schultheisset DD (Hg). Urologen im Nationalsozialismus. Zwischen Anpassung und Vertreibung. Berlin: Hentrich & Hentrich Verlag; 2011: 61-65
  • Moll FH, Krischel M. Der Urologe Eugen Joseph und sein Suizid im Dezember 1933, Urologe 2016; 55: 1605-1607
  • Schleiermacher S, Schagen U (Hg.). Die Charité im Dritten Reich. Zur Dienstbarkeit medizinischer Wissenschaft im Nationalsozialismus. Paderborn-München-Wien-Zürich: Ferdinand Schöningh 2008: 60
  • Schottlaender R. Verfolgte Berliner Wissenschaft. Band 23 Stätten der Geschichte Berlins. Berlin: Edition Hentrich 1988: 126
  • Voswinckel P. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Berlin 1932-1933. Band III. Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms Verlag; 2002: 741
  • Winau R, Vaubel E. Chirurgen in Berlin. 100 Porträts. Berlin, New York: de Gruyter Verlag 1983: 44
  • Zajaczkowski T, Zamann AM. Entwicklung der Medizin in Wilna. Anfänge der Urologieetablierung am Beispiel von Kornel Michejda (1887–1960) und Simon Perlmann (1898–1949). Urologe 2020; 59: 469-477

Verzeichnis der Weblinks