Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Dr. med.
Georg Pietrkowski
1874 - 1964

Dr. med. Georg Pietrkowski, 1933 © Tom F. Peters
Dr. med. Georg Pietrkowski, 1933 © Tom F. Peters

Mitglied seit 1929

Flucht nach Italien 1933

Erwerb der italienischen Approbation, Niederlassung in Florenz

Flucht
in die USA
1940, Umbenennung
in George Peters

Dissertation, Freiburg 1897
Dissertation, Freiburg 1897
Archiv für Verdauungs-Krankheiten 1904
Archiv für Verdauungs-Krankheiten 1904
George Peters um 1950 © Tom Frank Peters
George Peters um 1950 © Tom Frank Peters

Dr. med. Georg Pietrkowski

  • 0‌9‌.‌1‌0‌.‌1‌8‌7‌4‌, Posen, Westpreußen/Poznań, Polen
  • 1‌9‌.‌0‌1‌.‌1‌9‌6‌4‌, Berkeley, Kalifornien, USA
  • Mitglied seit 1929
  • Geflohen 1940, USA
  • Freiburg im Breisgau
  • Niedergelassener Facharzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten und Pharmakologe

Georg Pietrkowski wurde 1874 als Sohn des Kaufmanns Mathias Pietrkowski und seiner Ehefrau Lina, geb. Reimann, in Posen geboren.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Nach dem Abitur am Königlichen Gymnasium in Danzig studierte Georg Pietrkowski seit 1892 in Breslau, München, Berlin und Freiburg im Breisgau Medizin. Dort legte er am 01.07.1897 das Staatsexamen ab. Im gleichen Jahr wurde er mit der Arbeit „Ueber Sublimatintoxikation mit besonderer Berücksichtigung der Darmerscheinungen“ an der Freiburger Universität promoviert.

Dissertation, Freiburg 1897
Dissertation, Freiburg 1897

Nach dem Studium ließ er sich als praktischer Arzt in Rixdorf, heute Teil des Berliner Stadtbezirks Neukölln, nieder. Kurzzeitig war er als Schiffsarzt tätig. Seit 1902 bildete sich Pietrkowski in Posen zum Specialarzt für Magen- und Darmkrankheiten weiter und führte seit 1907 eine eigene gastroenterologische Praxis mit einer kleinen Privatklinik, die über acht Betten und eine Schwester verfügte. 1911 erkrankte er an einer Lungentuberkulose. Georg Pietrkowski gab daraufhin seine bisherige Tätigkeit in Posen auf. Er hielt sich im südbadischen Badenweiler auf und kam dort mit dem Digitalisforscher Albert Fränkel in Kontakt. Aufenthalte in Davos und an der italienischen Riviera schlossen sich an.

Archiv für Verdauungs-Krankheiten 1904
Archiv für Verdauungs-Krankheiten 1904

Im April 1914 übersiedelte die Familie nach Freiburg im Breisgau. Nach Ausheilung der Tuberkulose arbeitete Pietrkowski als Privatgelehrter und Assistent seit 1915 im Institut für Pharmakologie der Universität Freiburg bei Walther Straub, einem frühen Vertreter der experimentellen Pharmakologie, und bei dessen Nachfolger Paul Trendelenburg. Aus dieser Zeit stammen unter anderem Untersuchungen an der Herzmuskulatur sowie zur Wirkung des Strophantins. An der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie 1920 hat er mitgewirkt. Von 1920 bis 1926 war Pietrkowski wissenschaftlicher Beirat und Mitarbeiter der Krause-Medico Gesellschaft, einer pharmakologisch forschenden Firma, und war in einem Freiburger Labor an der Herstellung von Arzneimitteln beteiligt.

1926 ließ er sich als Facharzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten in der Freiburger Kaiserstraße 29 nieder.

Georg & Eva Pietrkowski um 1930 © Tom Frank Peters
Georg & Eva Pietrkowski um 1930 © Tom Frank Peters

 

1933

Anfang 1933 wurde der in München studierende Sohn Bernhard wegen einer angeblich antinazistischen Aktion festgenommen und vorübergehend im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Am Tage des „Judenboykotts“, am 01.04.1933, wurde Pietrkowskis Praxis- und Arztschild mit gelben Streifen überklebt. Aufgrund der antijüdischen Maßnahmen der Nationalsozialisten und nach dem frühen Verlust der Kassenzulassung entschloss sich Pietrkowski Deutschland zu verlassen. Am 02.11.1933 meldete er sich in Freiburg ab und gelangte mit seiner Ehefrau Eva über die Schweiz zunächst nach Nervi bei Genua. Dort erlernte er die italienische Sprache, absolvierte das italienische medizinische Staatsexamen und erhielt die italienische Approbation. Danach übersiedelte er nach Florenz, wo eine Verwandte lebte. Er war dort seit 1935 als Facharzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten tätig. Der Sohn Michael Edmund (Micha) konnte frühzeitig nach Palästina übersiedeln. Die beiden anderen Söhne Bernhard und Stefan gelangten in die USA. In Italien nahmen seit 1938 die antisemitischen Maßnahmen zu, sodass das Ehepaar Pietrkowski erneut in einem anderen Land Zuflucht suchen musste.

 

1940 Flucht in die USA

Georg Pietrkowski und seine Ehefrau reisten 1938 von Italien in die Schweiz und versuchten ein Einreisevisum für die USA zu erhalten. Im Sommer 1940 konnten sie aus der Schweiz über Frankreich und den Grenzort Portbou Spanien erreichen. Von der Hafenstadt Vigo im Nordwesten Spaniens gelangten sie nach Havanna auf Kuba. Von dort erreichten sie am 13.09.1940 New York. Das jüngste Kind des Ehepaares, die Tochter Lena, flüchtete 1938 aus Italien nach Zürich und gelangte über Frankreich in die USA, wo sie später bis zu Ihrem Tode 2011 in Seattle lebte.

Von New York übersiedelte das Ehepaar nach Berkeley, Kalifornien, dem Wohnort ihres Sohnes Bernard. In den USA übte der 66-jährige Georg Pietrkowski keine ärztliche Tätigkeit mehr aus. 1946 erhielt er die US-Staatsbürgerschaft. Einer seiner Bürgen war der mit ihm befreundete, ebenfalls in Posen geborene Historiker, Ernst Hartwig Kantorowicz.

George Peters um 1950 © Tom Frank Peters
George Peters um 1950 © Tom Frank Peters

Georg Pietrkowski, der sich in den USA George Peters nannte, starb 89-jährig am 19.01.1964 in Berkeley, Kalifornien.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Ueber Aetiologie und Schluckmechanismus bei idiopathischer Speiseröhrenerweiterung. Arch Verdauungskr 1904; 10: 119-136
  2. Einfluß experimenteller Vorhofsdehnung auf den Tonus der Ventrikelmuskulatur. Naunyn Schmiedebergs Arch exp Path Pharmakol 1917; 81: 35-54
  3. Leitfähigkeitsmessungen am überlebenden Herzen. Pflügers Arch ges Physiol 1918; 172: 497-537
  4. Die Wirkung des Strophantins auf die Kolloide. Biochem Z 1919; 98: 92-104
  5. Zur Elektrolytkombination der Ringerlösung. Naunyn Schmiedebergs Arch exp Path Pharmakol 1920; 85: 300-318
Danksagung

Sehr großer Dank gebührt Tom Frank Peters für wertvolle Hinweise zur Biographie seines Großvaters sowie für die Überlassung der eindrücklichen Fotografien. Ebenso sei Susanne Breisinger besonders gedankt für die Kontakte 2012 und 2019 zu ihrer Dissertation über die Freiburger niedergelassenen jüdischen Ärzte und für die Überlassung ihres Textes zum Lebensweg Georg Pietrkowskis.


Quellen und Literatur
zu den Quellen
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Dr. med. Georg Pietrkowski

Verzeichnis der Quellen

  • Bayerische Staatsbibliothek. Pietrkowski G. Dissertation: Ueber Sublimatintoxikation mit besonderer Berücksichtigung der Darmerscheinungen. Freiburg 1897. BSB Sign. Diss. med. 315-76 / 81
  • Unveröffentlichter Lebenslauf Georg Pietrkowskis. Aus Notizen und Berichten Georg Pietrkowskis (George Peters) und seiner Ehefrau Eva zusammengestellt und von dem Enkelsohn Tom Frank Peters dem Verfasser Dr. med. Harro Jenss 2019 zur Verfügung gestellt.

Verzeichnis der Literatur

  • Breisinger S. Die niedergelassenen jüdischen Ärzte in Freiburg 1933–45. Dissertation, Freiburg 2000: 110-118
  • Löffelholz K., Trendelenburg U. Verfolgte deutschsprachige Pharmakologen 1933 – 1945. 2. Auflage. Frechen: Dr. Schrör Verlag 2008
  • Starke K. Die Geschichte des Pharmakologischen Instituts der Universität Freiburg. 2. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York, Tokio: Springer Verlag; 2007: 33