Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Dr. med.
Kurt Karger
1897 - 1950

Dr. med. Kurt Karger um 1940 © Eva Karger, USA
Dr. med. Kurt Karger um 1940 © Eva Karger, USA

Mitglied seit 1926

Internistische Ausbildung am Städtischen Klinikum Magdeburg

Beschäftigte sich mit dem Kohlenhydratstoffwechsel

Praxis in Mexiko

Ankündigung der Niederlassung, Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung Nr. 45, 1928 <br> © Stadtbibliothek Magdeburg
Ankündigung der Niederlassung, Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung Nr. 45, 1928
© Stadtbibliothek Magdeburg
Entzug der kassenärztlichen Behandlungserlaubnis 1933 © Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg
Entzug der kassenärztlichen Behandlungserlaubnis 1933 © Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg

Dr. med. Kurt Karger

  • 1‌1‌.‌1‌1‌.‌1‌8‌9‌7‌, Magdeburg
  • 1‌8‌.‌0‌7‌.‌1‌9‌5‌0‌, Mexiko City
  • Mitglied seit 1926
  • Geflohen 1940, Mexiko
  • Magdeburg
  • Facharzt für Innere Medizin und Röntgendiagnostiker

Kurt Karger wuchs in einer bekannten Magdeburger Familie auf. Sein Vater war der Kaufmann Aron Karger, seine Mutter Betty Jaroslawitzer stammte aus dem rumänischen Iaşi/Jassy.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

1916 legte Karger das Abitur am Städtischen König Wilhelm Gymnasium in Magdeburg ab. Danach studierte er Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nach zwei Semestern musste er das Studium wegen der Teilnahme am Ersten Weltkrieg unterbrechen. Im Dezember 1917 konnte er das Studium fortsetzen und war nebenher in Münchener Reserve-Lazaretten tätig.

Im Juni 1921 legte er das Staatsexamen an der Medizinischen Fakultät der Münchener Universität ab, im November 1921 promovierte er mit der Arbeit „Die Therapie des Mastdarmvorfalls unter besonderer Berücksichtigung der Thiersch’schen Operationsmethode“.

Dissertation, München 1921
Dissertation, München 1921
Lebenslauf Kurt Kargers, Dissertation, München 1921
Lebenslauf Kurt Kargers, Dissertation, München 1921

Seit Oktober 1924 absolvierte Karger eine internistische Ausbildung und Tätigkeit in der Medizinischen Klinik am Magdeburger Städtischen Krankenhaus Sudenburg an der Leipziger Straße (Gustav Ricker Krankenhaus) bei Professor Dr. E. Schreiber.

Persönliches Schreiben Kargers mit Annahme der angebotenen Assistentenstelle 1924
Persönliches Schreiben Kargers mit Annahme der angebotenen Assistentenstelle 1924

Er beschäftigte sich mit Stoffwechselfragen, insbesondere mit der Wirkung des Insulins auf den Kohlenhydratstoffwechsel (Vortrag während des 37. Kongresses für Innere Medizin 1925 in Wiesbaden).

Im Oktober 1928 eröffnete Kurt Karger in Magdeburg eine internistische Praxis einschließlich Röntgendiagnostik, zunächst in der Otto von Guericke Str. 88, die er 1933 in die Otto von Guericke Str. 101 verlegte. Seine Privatwohnung befand sich seit 1936 in der Magdeburger Falkenbergstr. 9a.

Kündigungsschreiben Kargers am Städtischen Krankenhaus Magdeburg 1928 © Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg
Kündigungsschreiben Kargers am Städtischen Krankenhaus Magdeburg 1928 © Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg
Ankündigung der Niederlassung, Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung Nr. 45, 1928 <br> © Stadtbibliothek Magdeburg
Ankündigung der Niederlassung, Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung Nr. 45, 1928
© Stadtbibliothek Magdeburg

Im März 1930 heiratete Kurt Karger in Magdeburg die aus München stammende Lilly Weimersheimer, die er während seines Studiums kennengelernt hatte. 1931 wurde die Tochter Ilse, 1933 die Tochter Eva Ruth geboren.

Heiratsannonce Kurt und Lilly Karger Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung 1930 © Stadtbibliothek Magdeburg
Heiratsannonce Kurt und Lilly Karger Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung 1930 © Stadtbibliothek Magdeburg

 

1933 – 1939

Mit dem 01.07.1933 wurde ihm die Kassenzulassung entzogen. Seit dem 25.07.1934 war er aus der Kostenerstattung durch die Deutsche Beamten Krankenversicherung ausgeschlossen. Am 30.09.1938 verlor der die Approbation. In der Folgezeit durfte Dr. Karger als sogenannter „Krankenbehandler“ nur noch jüdische Patientinnen und Patienten behandeln.

Entzug der kassenärztlichen Behandlungserlaubnis 1933 © Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg
Entzug der kassenärztlichen Behandlungserlaubnis 1933 © Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg

Nach der Volkszählung lebte Kurt Karger im Mai 1939 weiterhin in Magdeburg. Die Ehefrau Lilly Karger hatte im Oktober 1938 Deutschland verlassen und war über Rotterdam nach New York (Ankunft 04.11.1938) gereist, um zu versuchen, für die Familie eine Immigrationsmöglichkeit in den USA zu finden. Ihre Bemühungen blieben erfolglos. Sie selbst konnte sich zunächst weiter in den USA aufhalten.

 

Flucht nach Mexiko 1940

Kurt Karger reiste Anfang 1940 mit seinen beiden 7 und 9 Jahre alten Töchtern von Magdeburg nach Berlin zu seinem Bruder Dr. jur. Alfred Karger, der seit Beginn der 1920er Jahre in Berlin als angesehener, publizistisch aktiver Rechtsanwalt gemeinsam mit dem früheren preußischen Justiz- und Innenminister Wolfgang Heine eine renommierte Kanzlei führte.

Gemeinsam mit seinen Töchtern gelangte Kurt Karger von Berlin nach Italien und erhielt eine Schiffspassage von Genua nach Kuba. Von dort reisten sie am 20.04.1940 mit dem US-Passagierschiff T/S Monterey nach Veracruz in Mexiko. Am 24.05.1940 beantragte Dr. Karger für sich und seine Familie (seine Ehefrau Lilly kam aus den USA in den mittelamerikanischen Staat) Asyl in Mexiko und lebte seither in Mexico City. Er erhielt eine Lizenz zur ärztlichen Tätigkeit und führte bis zu seinem frühen Tod erfolgreich eine Praxis.

Der Bruder Alfred Karger floh mit seiner Familie sowie mit der Mutter Betty Karger 1941 aus Berlin über Spanien und Kuba nach Ecuador und lebte in Quito. Kurt Kargers Nichte, die 30-jährige Psychologin und Sozialfürsorgerin Lilli Guggenheim, wurde im November 1942 von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Kurt Karger starb im Juli 1950 in Mexico-City. Seine Ehefrau Lilly Karger überlebte ihn 49 Jahre, sie starb am 19.07.1999. Zwei Töchter des Ehepaares Karger leben seit Ende der 1950er Jahre in den USA.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Untersuchungen zur Frage der Einwirkung des Insulins auf den Kohlenhydratstoffwechsel. Vhdlg Dtsch Gesell Inn Med 1925, 37. Kongress, Berlin-Heidelberg: Springer Verlag 1925, 339-343
  2. Chemische Untersuchungen im Arteriellen, Capillären und Venösen Blut. Klin Wochenschr 1927; 6: 1994-1995
Danksagung

Eva Karger, USA, der Tochter Dr. Kurt Kargers, gebührt Dank für wichtige biografische Hinweise, für Korrekturen und für die Porträtfotografie Dr. Kargers. Frau Pastorin i. R., W.  Zachhuber, Magdeburg, sei Dank für die Dokumente aus dem Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg und die Hinweise auf das Jüdische Wochenblatt. Die entsprechenden Scans wurden von Frau Katrin Oschmann, Stadtbibliothek Magdeburg, zur Verfügung gestellt. Herr Dr. G. Keiper, Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin, war äußerst hilfreich bei der Spurensuche nach der Familie Karger in Mexiko.


Quellen und Literatur
zu den Quellen
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Dr. med. Kurt Karger

Verzeichnis der Quellen

  • Archiv der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg. Einstellung Dr. Kargers als Assistenzarzt am Städtischen Krankenhaus Magdeburg durch den Magistrat der Stadt im Oktober 1924
  • Bayerische Staatsbibliothek. Karger K. Dissertation. München; 1921: 27
  • Leo Baeck Institute New York und Center of Jewish History New York. Alfred Karger Collection. AR 25 330
  • Geburtsurkunde Kurt Karger. Standesamt Magdeburg-Altstadt. Reg. Nr. 2511/1897 .
  • Stadtarchiv Magdeburg. Rep. 10 Sb 36, Blatt 199
  • Stadtarchiv Magdeburg. Rep 10 Sb 36, Blatt 207

Verzeichnis der Literatur

  • Forsbach R, Hofer H-G. Internisten in Diktatur und junger Demokratie. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin 1933-1970. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2018: 424
  • o.V. Anzeige über Praxiseröffnung. Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung. 12.10.1928 Nr. 45:
  • o.V. Bericht über Vortrag Dr. Kargers im Jüdischen Verein über „Infektionskrankheiten und ihre Bekämpfung“. Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung. 07.12.1928 Nr. 53:
  • o.V. Praxis Verlegung in die Otto von Guericke Str 101. Jüdisches Wochenblatt für Magdeburg und Umgebung. 04.08.1928 Nr. 31:

Verzeichnis der Weblinks