Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Prof. Dr. med.
Leo Pollak
1878 - 1946

Leo Pollak 1925, Arch H Je
Leo Pollak 1925, Arch H Je

Mitglied seit 1927

Setzte als einer der Ersten Insulin ein

Ausgewiesener Stoffwechselforscher an der Universität Wien

Naunyn-Schmiedebergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 1926
Naunyn-Schmiedebergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 1926
Krankenhaus Wieden 1898, Bildquelle: online Sammlung 
Wien Museum am Karlsplatz. Inventarnummer HMW 234127
Krankenhaus Wieden 1898, Bildquelle: online Sammlung Wien Museum am Karlsplatz. Inventarnummer HMW 234127

Prof. Dr. med. Leo Pollak

  • 0‌3‌.‌0‌2‌.‌1‌8‌7‌8‌, Prag
  • 1‌8‌.‌0‌9‌.‌1‌9‌4‌6‌, Newmarket/ Suffolk, England
  • Mitglied seit 1927
  • Geflohen 1938, England
  • Wien
  • Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Stoffwechselpathologie und Pharmakologie

Leo Pollak wurde 1878 als Sohn des Kaufmanns Julius Pollak und seiner Ehefrau Anna, geb. Kohn, in Prag geboren. Der Vater leitete die 1860 gegründete Firma Perelis & Pollak in Prag. Die Familie bekannte sich zur jüdischen Glaubensgemeinschaft.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Nach dem Besuch eines Prager Gymnasiums studierte Leo Pollak an der Deutschen Karl-Ferdinand-Universität in Prag Medizin und schloss das Studium am 22.05.1902 mit dem Staatsexamen und der Promotion ab.

Pollak absolvierte eine Ausbildung in der Inneren Medizin an den damaligen führenden Kliniken in Wien: Er war als Assistenzarzt in der I. Medizinischen Universitätsklinik bei Hermann Nothnagel, an der Psychiatrisch-neurologischen Universitätsklinik bei Wagner-Jauregg sowie an der Medizinischen Universitätsklinik Straßburg bei Bernhard Naunyn und an der Medizinischen Klinik der Universität München bei Friedrich Müller tätig. Danach wechselte er an das Wiedner Spital (Bezirkskrankenhaus im 4. Wiener Gemeindebezirk Wieden) an die dortige I. Medizinische Abteilung   zu Maximilian Sternberg. An diesem Krankenhaus waren u.a. Julius Schnitzler, der Bruder des Schriftstellers Arthur Schnitzler, als Chirurg und seit 1920 der Pathologe Carl Sternberg tätig.

Krankenhaus Wieden 1898, Bildquelle: online Sammlung 
Wien Museum am Karlsplatz. Inventarnummer HMW 234127
Krankenhaus Wieden 1898, Bildquelle: online Sammlung Wien Museum am Karlsplatz. Inventarnummer HMW 234127

Parallel arbeitete und forschte Pollak in der Biochemischen Abteilung des Instituts für Pharmakologie der Universität Wien. Am 12. September 1914 wurde er an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien für das Fach Innere Medizin habilitiert. Am 30. Juni 1932 erhielt er eine außerordentliche Professur für Innere Medizin in Wien.

Leo Pollak beschäftigte sich mit Fragestellungen aus dem Bereich der Stoffwechselpathologie, der Gicht, des Diabetes mellitus und des Asthmas bronchiale. Als einer der Ersten setzte er 1923 in Österreich Insulin ein. Er veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zum Zuckerstoffwechsel und zur Insulintherapie. Bis 1937/38 hielt er an der Wiener Universität Vorlesungen über die Pathologie des Stoffwechsels.

Naunyn-Schmiedebergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 1926
Naunyn-Schmiedebergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 1926

Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Österreich im März 1938 wurde Pollak am 22.04.1938 durch die NS-Behörden aller Ämter enthoben und von der Universität Wien verwiesen.

 

Flucht 1938 nach England

Pollak floh 1938 nach Großbritannien. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde er zeitweise an Enemy Alien interniert. In Newmarket, Suffolk, etwa 100 km nordöstlich von London, konnte Pollak eine Tätigkeit im dortigen White Lodge Hospital finden.

Leo Pollak starb am 18. 9. 1946 68-jährig in Newmarket.

Pollaks Schwester, Melanie Pollak-Polacek (geb. 5.2.1882) und Pollaks Schwager, Dr. jur. Josef Polacek (geb. 9.8.1874), wurden im Juli 1942 aus Prag in das Ghetto Theresienstadt / Terezin und im September 1943 von dort in das KZ Auschwitz deportiert und ermordet. Die ältere Schwester Leo Pollaks, die 1876 geborene Olga Pollak-Glaser wurde im Oktober 1942 im Vernichtungslager Treblinka ermordet. Pollaks Nichte, Dr. jur. Nelly Polacekova, wurde 35-jährig im Oktober 1942, sein Neffe, der 34-jährige Julius Polacek wurde im September 1944 im KZ Auschwitz ermordet. Eine weitere Schwester Leo Pollaks, die Kunsthistorikerin Alice Maria Pollak-Fried (geb. 29.9.1888) konnte wie er selbst nach Großbritannien fliehen, wo sie 1946 in Hampstead / London starb.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Beiträge zur Pathogenese des nephritischen Oedems. Naunyn-Schmiedebergs Arch exp Pathol u Pharmakol 1923; 97: 352-78
  2. Über den Insulingehalt des Pankreas von Diabetikern. Naunyn-Schmiedebergs Arch exp Path Pharmakol 1926; 116(1): 15-34
  3. Mit Basch F. Über das Verhalten Körperfremder Zuckerarten unter Insulinwirkung. I. Mitteilung. Naunyn-Schmiedebergs Arch exp Path Pharmakol 1927; 125: 89-101
  4. Mit H Molitor. Der Zuckerhaushalt der Leber. Naunyn-Schmiedebergs Arch exp Path Pharmakol 1931; 162(4): 488-505

Beitrag von Dr. med. Harro Jenss, Worpswede.

 

Quelle

Archive of the Society for the Protection of Science and Learning, Bodleian Libraries Oxford, MS. S. P. S. L. 536 / 1-3.

 

Literatur

Fischer I., Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Berlin-Wien: Urban & Schwarzenberg Verlag 1933, Band 2, S. 1232

J.S.H. Obituary, Dr.Leo Pollak. British Medical Journal 1946 (Oct 5), Vol. 2, No 4474, p 519

Österreichisches Biographisches Lexikon (ÖBL) 1815—1950, Bd 8, S.171 (Beitrag M. Jantsch)

Judith Bauer-Merinsky J. Die Auswirkungen der Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich auf die medizinische Fakultät der Universität Wien im Jahre 1938: Biographien entlassener Professoren und Dozenten. Wien: Diss., 1980, S. 197-198. – Online unter der URL: http://ub.meduniwien.ac.at/edocmed/?f_ac=AC06638479&f_file=11980

Löffelholz K., Trendelenburg U. Verfolgte Deutschsprachige Pharmakologen 1933-1945. Frechen: Dr. Schrör Verlag, 2. Aufl., 2008, S. 123

Weblinks

https://gedenkbuch.univie.ac.at/index.php?id=435&no_cache=1&person_single_id=34423&person_name=leo%20pollak&person_geburtstag_tag=not_selected&person_geburtstag_monat=not_selected&person_geburtstag_jahr=not_selected&person_fakultaet=not_selected&person_kategorie=not_selected&person_volltextsuche=&search_person.x=1&result_page=1 (Beitrag Herbert Posch) (Zugriff 10.10.2020)

Universitätsbibliothek Medizinische Universität Wien – van Swieten Blog: Leo Pollak ( 1878 – 1946 ), Vertrieben 1938: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=32090 ( Zugriff 15.1.2021 )

https://www.ancestry.de (Recherche in englischen online-Datenbanken), Zugriff 25.7.2024

https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/114291-melanie-polackova/ [Melanie Pollak-Polacek, auch M. Polackova, geb. 5.2.1882, Deportation von Prag nach Theresienstadt 13.7.1942], Zugriff 25.7.2024

https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/114257-josef-polacek/ [Dr. jur. Josef Polacek, geb. 9.8.1874, Deportation aus Prag nach Theresienstadt 13.7.1942, ermordet im KZ Auschwitz im September 1943], Zugriff 25.7.2024


Quellen und Literatur
zu den Quellen
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Prof. Dr. med. Leo Pollak

Verzeichnis der Quellen

  • Archive of the Society for the Protection of Science and Learning, Bodleian Libraries Oxford , MS. S. P. S. L. 536 / 1-3.
  • Fischer I., Biographisches Lexikon, Band 2, S. 1232
  • Österreichisches Biographisches Lexikon (ÖBL) 1815—1950, Bd 8, S.171 ( Beitrag M. Jantsch )

Verzeichnis der Literatur

  • Judith Bauer-Merinsky J. Die Auswirkungen der Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich auf die medizinische Fakultät der Universität Wien im Jahre 1938: Biographien entlassener Professoren und Dozenten. Wien: Diss., 1980, S. 197-198. – Online unter der URL: http://ub.meduniwien.ac.at/edocmed/?f_ac=AC06638479&f_file=11980
  • Löffelholz K. Trendelenburg U. Verfolgte Deutschsprachige Pharmakologen 1933-1945. Frechen: Dr. Schrör Verlag 2008, 2. Aufl., 123

Verzeichnis der Weblinks

  • https://gedenkbuch.univie.ac.at/index.php?id=435&no_cache=1&person_single_id=34423&person_name=leo%20pollak&person_geburtstag_tag=not_selected&person_geburtstag_monat=not_selected&person_geburtstag_jahr=not_selected&person_fakultaet=not_selected&person_kategorie=not_selected&person_volltextsuche=&search_person.x=1&result_page=1 ( Beitrag Herbert Posch) ( Zugriff 10.10.2020 )
  • Universitätsbibliothek Medizinische Universität Wien – van Swieten Blog: Leo Plloak ( 1878 – 1946 ), Vertrieben 1938: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=32090 ( Zugriff 15.1.2021 )
  • https://www.ancestry.de ( Recherche in englischen online-Datenbanken ) ( Zugriff 15.1.2021 )