Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Prof. Dr. med.
Otto Loewi
1873 - 1961

Prof. Dr. med. Otto Loewi, Archiv H Je
Prof. Dr. med. Otto Loewi, Archiv H Je

Mitglied seit 1930

Studium in Straßburg und München

Nobelpreis für Physiologie und Medizin gemeinsam mit Henry H. Dale 1936

Habilitationsschrift, Marburg 1900
Habilitationsschrift, Marburg 1900
Pfluegers Archiv Ges Physiol 1921; 189: 239-42
Pfluegers Archiv Ges Physiol 1921; 189: 239-42

Prof. Dr. med. Otto Loewi

  • 0‌3‌.‌0‌6‌.‌1‌8‌7‌3‌, Frankfurt am Main
  • 2‌5‌.‌1‌2‌.‌1‌9‌6‌1‌, New York
  • Mitglied seit 1930
  • Geflohen 1938, USA
  • Graz
  • Pharmakologe

Otto Loewi wurde 1873 in der jüdischen Familie des Weinkaufmanns Jacob Loewi und dessen Ehefrau Anna, geb. Willstätter in Frankfurt am Main geboren.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Nach dem Abitur 1891 am Geothe Gymnasium in Frankfurt studierte Otto Loewi in Straßburg, 1893 in München und seit 1894 erneut in Straßburg Medizin. Dort legte er 1896 das Staatsexamen ab und wurde im gleichen Jahr an der Straßburger Universität mit der Arbeit „Zur quantitativen Wirkung der Blausäure, Arsen und Phosphor auf das isolierte Froschherz“ promoviert, die er bei dem Pharmakologen Oswald Schmiedeberg angefertigt hatte. Otto Loewi bildete sich in der Biochemie bei Franz Hofmeister, Straßburg, weiter und war 1897 als Assistenzarzt bei Carl von Noorden in der Medizinischen Klinik am Städtischen Krankenhaus Frankfurt-Sachsenhausen tätig. Er entschied sich für eine Tätigkeit in der Grundlagenforschung und arbeitete von 1898 bis 1905 im Institut für Pharmakologie bei Hans H. Meyer an der Philipps-Universität Marburg. Dort wurde er 1900 für das Fach Pharmakologie mit der Arbeit „Untersuchungen über Nucleinsäuren“ habilitiert. 1902 hielt er sich im Rahmen eines Stipendiums in London bei Ernest Starling auf.

Dissertation, Straßburg 1896, Kopie des Titelblatts, Archiv H Je
Dissertation, Straßburg 1896, Kopie des Titelblatts, Archiv H Je
Habilitationsschrift, Marburg 1900
Habilitationsschrift, Marburg 1900

1905 wechselte er gemeinsam mit Hans Meyer an das Institut für Pharmakologie der Universität Wien nach Österreich. 1909 wurde Loewi Lehrstuhlinhaber für Pharmakologie an der Karl-Franzens-Universität Graz.

Im Vordergrund seiner Arbeiten standen zunächst der Eiweiß- und Kohlenhydratmetabolismus sowie der Nukleinsäurestoffwechsel. Er beschäftigte sich mit dem Stickstoff-Äquilibrium beim Säugetier, mit der Fettresorption, mit dem Diabetes mellitus, insbesondere dem Phlorizin-Diabetes, mit der Wirkung von Pilocarpin, Atropin und Adrenalin, mit der Nierenfunktion sowie mit den Digitaliswirkungen.

Bald traten Studien zum vegetativen Nervensystem in den Vordergrund seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. 1921 entdeckte Loewi die chemische Übertragung und Weiterleitung nervöser Impulse durch einen „Vagusstoff“ (von Henry Hallet Dale später als Acetylcholin beschrieben. 1936 erhielt Loewi gemeinsam mit Dale den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für seine fundamentale Entdeckung der humoralen Transmission von Nervenimpulsen auf Muskeln, Drüsen und Zellen. Mit dieser Entdeckung bewirkte Loewi einen wissenschaftlichen Paradigmenwechsel.

Pfluegers Archiv Ges Physiol 1921; 189: 239-42
Pfluegers Archiv Ges Physiol 1921; 189: 239-42

 

Flucht nach Großbritannien 1938 und in die USA 1940

Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das deutsche Reich wurde Loewi als „Nichtarier“ vom 12.03. bis zum 06.05.1938 in sogenannte Schutzhaft genommen und im Polizeigefängnis in Graz inhaftiert. Während Loewis Haft fand in Berlin im April 1938 die 14. Tagung der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft (DPhG) statt. In seiner Begrüßungsrede fand der Berliner Pharmakologe Wolfgang Heubner mit Bezug auf Otto Loewi für die damalige Zeit außerordentlich mutige Worte: „So werden viele Seelen davon berührt, wenn Unglück hereinbricht über einen hervorragenden Entdecker weitreichender Zusammenhänge“; zudem organisierte Heubner eine Karte an Otto Loewi ins Grazer Polizeigefängnis (zitiert nach Löffelholz/Trendelenburg, Verfolgte Deutschsprachige Pharmakologen 1933-1945, S. 46).

Am 28.09.1938 floh Loewi aus Österreich. An der Université Libre in Brüssel erhielt er eine Gastprofessur. 1939 wechselte er an das Nuffield Institute in Oxford. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er von der Internierung als Enemy Alien befreit.

Am 22.05.1940 gelangte Otto Loewi mit dem Royal Mail Ship Samaria von Liverpool aus in die USA und erreichte New York am 01.07.1940. Er fand als Research Professor eine Tätigkeit am Department of Pharmacology, New York University, College of Medicine. Im April 1946 erhielt Loewi die US-Staatsbürgerschaft.

Otto Loewi starb 85-jährig am 25.12.1961 in New York. Seine Urne wurde in Woods Hole, einem Dorf an der Südwestspitze von Cape Cod, Massachuesetts, beigesetzt.

In Erinnerung an Otto Loewi trägt das Forschungszentrum für Gefäßbiologie, Immunologie und Entzündung an der Medizinischen Universität Graz seinen Namen.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Über Einweißsynthese im Tierkörper. Arch Exp Path Pharm 1902; 48: 303-330
  2. Ueber eine neue Funktion des Pankreas und ihre Beziehung zum Diabetes mellitus. Arch exp Path Pharm 1908; 59: 83-94
  3. Ueber humorale Uebertragbarkeit der Herznervenwirkung. I. Mitteilung. Pflüger’s Arch ges Physiol 1921; 189: 239-42
  4. Ueber humorale Uebetragbarkeit der Herznervenwirkung. II. Mitteilung. Pfüger’s Arch ges Physiol 1922; 193: 201-13
  5. From the workshop of discoveries. Lawrence: University of Kansas Press, 1953

Quellen und Literatur
zu den Quellen
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Prof. Dr. med. Otto Loewi

Verzeichnis der Quellen

  • Bayerische Staatsbibliothek München. Loewi O. Dissertation: Zur quantitaitiven Wirkung von Blausäure, Arsen und Phosphor auf das isolierte Froschherz. Straßburg 1896. BSB, Sign Diss.med 302-67: 14

Verzeichnis der Literatur

  • Dale HH. Otto Loewi. Ergeb Physiol 1963; 52: 1-19
  • Fischer I. Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre. Band I. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg; 1932: 936
  • Kagan S. Jewish Physicians. Boston: Medico-Historical Press 1952: 214f.
  • Kuffler S W. Otto Loewi. J Neurophysiol 1962; 25: 451-3
  • Lembeck F, Giere W. Otto Loewi. Ein Lebensbild in Dokumenten. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag 1968
  • Loewi O. On the background of the discovery of neurochemical transmission. J Mt Sinai Hosp NY 1957; 24: 1014-1016
  • Loewi O. An autobiographical sketch. Perspect Biol Med 1960; 4: 3-25
  • Loewi O. From the workshop of discoveries. Porter Lectures, Series 19, Lawrence: University of Kansas Press 1953
  • Löffelholz K. Trendelenburg U. Verfolgte Deutschsprachige Pharmakologen 1933-1945. Frechen: Dr. Schrör Verlag 2008, 2. Aufl., S. 109 (vgl. S. 46/47)

Verzeichnis der Weblinks