Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Dr. med.
Walter Löwenberg
1892 - 1957

Dr . med. Walter Löwenberg, Passbild 1935, Quelle:
Entschädigungsbehörde Berlin
Dr . med. Walter Löwenberg, Passbild 1935, Quelle: Entschädigungsbehörde Berlin

Mitglied seit 1926

Oberarzt bei Leopold Kuttner im Rudolf-Virchow-Krankenhaus Berlin

In privater Praxis in Berlin und New York tätig

Dissertation 1919, Kopie des Titelblatts, Archiv H Je
Dissertation 1919, Kopie des Titelblatts, Archiv H Je
Publikation, Arch Verdauungskr Boas Archiv 1926, Archiv H Je
Publikation, Arch Verdauungskr Boas Archiv 1926, Archiv H Je

Dr. med. Walter Löwenberg

  • 2‌5‌.‌0‌8‌.‌1‌8‌9‌2‌, Berlin
  • 3‌1‌.‌0‌3‌.‌1‌9‌5‌7‌, New York
  • Mitglied seit 1926
  • Geflohen 1935, USA
  • Berlin
  • Facharzt für Innere Medizin

„Ich, Walter Löwenberg, wurde am 25. August 1892 als Sohn des Kaufmanns Cäsar Löwenberg und seiner Ehefrau Anna, geb. Cohn, zu Berlin geboren. Von Ostern 1899 ab besuchte ich die Kaiser-Friedrich-Schule in Charlottenburg, die ich Ostern 1911 mit dem Zeugnis der Reife verliess. Ich widmete mich dann dem Studium der Medizin, studierte in Berlin und Freiburg, wo ich im Juli 1913 das medizinische Vorexamen mit „sehr gut“ bestand“, so Löwenberg im Lebenslauf seiner Dissertationsschrift.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Sein weiteres Medizinstudium wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen: „Vom Beginn des Krieges an war ich im Felde; in den ersten Monaten als Sanitätsgefreiter, dann als Feldunter- und Feldhilfsarzt. Im Juni 1918 wurde ich verwundet und kam in die Heimat. Ich nahm dann meine medizinischen Studien in Jena wieder auf, bestand dort im Juni 1919 das medizinische Staatsexamen mit „sehr gut“. Unter Anrechnung der Kriegsdienstzeit auf das praktische Jahr erhielt ich gleich die Approbation als Arzt. Seit Juli dieses Jahres bin ich am Pathologischen Institut der Charité zu Berlin als Volontärassistent tätig“ [Lebenslauf Löwenbergs, Dissertationsschrift]. Im Dezember 1919 wurde Walter Löwenberg mit der Arbeit „Ueber die diffuse Ausbreitung von Gliomen in den weichen Häuten des Zentralnervensystems“ promoviert, die er im Institut für Pathologie der Berliner Charité angefertigt hatte.

Dissertation 1919, Kopie des Titelblatts, Archiv H Je
Dissertation 1919, Kopie des Titelblatts, Archiv H Je

Seine klinisch internistische Ausbildung mit einem gastroenterologischen Schwerpunkt erhielt Löwenberg als Assistenzarzt in der I. Medizinischen Klinik des Städtischen Rudolf-Virchow-Krankenhauses in Berlin bei Leopold Kuttner, der neben Ismar Boas und Hermann Strauß zu den führenden Gastroenterologen im Berlin jener Zeit gehörte und der die Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten 1925 organisatorisch wesentlich weiterentwickelte. In Kuttners Abteilung war Löwenberg seit 1925 als Oberarzt tätig.

Publikation, Wiener Klinische Wochenschrift 1926, Archiv H Je
Publikation, Wiener Klinische Wochenschrift 1926, Archiv H Je
Publikation, Arch Verdauungskr Boas Archiv 1926, Archiv H Je
Publikation, Arch Verdauungskr Boas Archiv 1926, Archiv H Je

Walter Löwenberg beschäftigte sich in enger Zusammenarbeit mit dem Leitenden Bakteriologen Kurt Meyer des Rudolf-Virchow-Krankenhauses mit der bakteriziden Wirkung des Magen- und Duodenalsaftes und publizierte hierzu in der Klinischen Wochenschrift sowie im „Boas-Archiv“. Zudem befasste er sich mit der perniziösen Anämie und der Darmflora. Hierzu trug er während der 8. Tagung der Geselllschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten in Amsterdam 1928 vor.

Seit 1929 führte Löwenberg in Berlin eine Praxis als Facharzt für Innere Medizin. 1932 bis 1935 befand sich seine Praxis in der Berliner Bleibtreustrasse 27. 1927 hatte Walter Löwenberg in Berlin-Charlottenburg die spätere Kinderärztin Anne-Marie Cassirer (geb. 24.08.1902) geheiratet. Sie war die Tochter des Berliner Neurologen Richard Cassirer (1868 – 1925) und dessen Frau Hedwig (1873 –  1952). 1928 wurde der Sohn Gerhard, 1930 die Tochter Marianne geboren.

 

Nach 1933

Walter und Anne-Marie Löwenberg erlebten die antisemitischen Attacken nach Beginn der NS-Herrschaft. Am 01.04.1933 waren er und seine Ehefrau von dem Boykott der ärztlichen Praxen jüdischer Ärztinnen und Ärzte durch die Nationalsozialisten betroffen. 1935 wurde ihm die Kassenzulassung entzogen. „Die nationalsozialistische Regierung machte mir die Weiterführung meiner Praxis und die Erziehung meiner Kinder unmöglich“, so Walter Löwenberg in seinem Entschädigungsantrag 1951.

1935 konnten Walter und Anne-Marie Löwenberg aus Berlin zunächst nach Amsterdam fliehen. Die beiden 7- und 5-jährigen Kinder blieben zunächst bei Hedwig Cassirer in Berlin, der Mutter Anne-Marie Löwenbergs. Das Ehepaar gelangte von Le Havre/Frankreich mit der S.S. Georgic in die USA. New York wurde am 19.12.1935 erreicht. Fünf Monate später traf sich Anne-Marie Löwenberg mit ihre Mutter sowie den beiden Kindern in England und konnte mit diesen von Southampton aus am 07.06.1936 mit der S.S. Bremen nach New York reisen. Die Mutter Anne-Marie Löwenbergs wird 72-jährig im April 1946 von London zur Familie Löwenberg nach New York übersiedeln.

Briefkopf New York, Quelle Entschädigungsbehörde Berlin
Briefkopf New York, Quelle Entschädigungsbehörde Berlin

Nach Sprachprüfungen und dem amerikanischen Staatsexamen war Walter Löwenberg/Loewenberg in New York von 1937 bis 1957 in privater Praxis in New York tätig. Vom Oktober 1936 bis März 1947 konnte er unentgeltlich als Clinical Assistant im Medical Outpatient Department des Mount Sinai Hospitals New York hospitieren. Zudem war er seit 1940 zeitweise als Assistenzarzt im Lenox Hill Hospital New York, dem früheren Deutschen Krankenhaus, gemeinsam mit Charles Isaac-Krieger tätig. Dieser war bereits 1920 sein Kollege in der Medizinischen Klinik des Berliner Rudolf-Virchow-Krankenhauses bei Leopold Kuttner. Nach einer Erkrankung 1952 war Walter Loewenberg gesundheitlich beeinträchtigt. Seiner beruflichen Tätigkeit konnte er nur eingeschränkt nachgehen.

Seine Ehefrau arbeitete als Kinderärztin über vier Jahrzehnte als Attending Physician an der New York Infirmary und in der Day Care Division of the Department of Health in New York.

Die Einbürgerung in den USA erhielt das Ehepaar Loewenberg 1943.

Walter Loewenberg starb 64-jährig am 31.03.1957 während eines Aufenthaltes in Ormond Beach in Florida an den Folgen eines Schlaganfalls.

Unterschrift Löwenbergs, Quelle Entschädigungsbehörde Berlin
Unterschrift Löwenbergs, Quelle Entschädigungsbehörde Berlin
Grabplatte Ferncliff Cemetery, Hartsdale, Quelle: https://de.findagrave.com/
Grabplatte Ferncliff Cemetery, Hartsdale, Quelle: https://de.findagrave.com/

Seine Ehefrau überlebte ihn 44 Jahre. Sie starb am 17.10.2001 in New York. Die Grabstätte Walter und Anne Marie Loewenbergs befindet sich auf dem Ferncliff Cemetery, Hartsdale, Greenburgh, Westchester County, New York. Der 1894 geborenen Schwester Walter Loewenbergs, Gertrud Wiesenthal, gelang im April 1938 die Flucht in die USA. Sie starb 1961 in New York.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Über die Bedeutung der Typhus-Coli-Infektion für die Entstehung des Ikterus. Arch Verdauungskr 1922; 29: 94-103
  2. Über die Bedeutung der Hämatoporphyrine für den Nachweis von okkultem Blut in den Faezes. Arch Verdauungskr 1923; 31: 361-364
  3. Zur Pathogenese der Kolipyelitis. Klinische Beobachtungen und bakteriologisch-serologische Untersuchungen. Ztschr ges exp Med 1924; 41: 89-113
  4. Über bakterizide Wirkung des Salzsäure-freien Magensaftes. Klin Wochenschr 1926; 5: 1868-1870
  5. Experimentelle Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Duodenalsaftes unter normalen und bei pathologischer Bakterienansiedlung im Duodenum. Arch Verdauungskr 1926; 37: 274-296
  6. Ueber die Aussichten bei interner Behandlung der Gallensteinleiden. Dtsch Med Wochenschr 1927; 53: 2110-2111
  7. Perniziöse Anämie und Darmflora. Dtsch Med Wochenschr 1928; 54: 2148-2150

Beitrag von Dr. med. Harro Jenss, Worpswede

 


Quellen und Literatur
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Dr. med. Walter Löwenberg

Verzeichnis der Quellen

  • Löwenberg W. Ueber die diffuse Ausbreitung von Gliomen in den weichen Häuten des Zentralnervensystems. Med. Dissertation, Berlin 1919, Staatsbibliothek Berlin-Preußischer Kulturbesitz ( SBB-PK ), Sign MS 25.91, S. 31 f
  • Anne Marie Loewenberg-Cassirer, Obituary. New York Times, Oct 19, 2001, Section C
  • The Arthur H. Aufses, Jr., MD Archives & Mount Sinai Records Management Program. Academic Research and Informatics, Icahn School of Medicine at Mount Sinai (Card of Appoinments, Walter Loewenberg, MD)
  • Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) Berlin/Abt. I, Entschädigungsbehörde Berlin, Entschädigungsakte Reg Nr 69.867 [Walter Loewenberg]
  • Leo Baeck Institute, New York, AR 25 812 [Anne Marie Cassirer-Loewenberg, Korrespondenz Dr. Anne Marie Cassirer, New York, to her mother Hedwig Cassirer in England 1937 to March 1946] (CJH – ALEPH 005503530)

Verzeichnis der Literatur

  • Schwoch R. [Hg] Berliner Jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus. Ein Gedenkbuch. Berlin: Hentrich & Hentrich Verlag 2009: 157, 554

Verzeichnis der Weblinks