Prof. Dr. med. Paul Richard Neukirch
- 26.12.1885, Frankfurt am Main
- 12.01.1962, Sedro Woolley, Bundesstaat Washington, USA
- Mitglied seit 1926
- Geflohen 1933, USA
- Düsseldorf
- Facharzt für Innere Medizin
Paul Richard Neukirch wurde 1885 in Frankfurt am Main als Sohn des Rechtsanwalts und Justizrates Dr. Adolf Neukirch und dessen Ehefrau Emma, geb. Strauss geboren. Er besuchte seit 1895 das Goethegymnasium seiner Heimatstadt und legte dort 1904 das Abitur ab.
Ausbildung und Wirkungsstätte
Neukirch studierte seit 1904 an den Universitäten Freiburg, Berlin und seit 1908 an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg Medizin. Dort bestand er am 29.11.1909 das Staatsexamen und wurde 1910 mit der Arbeit „Über morphologische Untersuchungen des Muskelglykogens und eine neue Art seiner Fixation“ promoviert. Das praktische Jahr absolvierte er im Institut für Pathologie der Universität Heidelberg, an der I. Medizinischen Universitätsklinik in Wien sowie in Straßburg. 1911 arbeitete er für sechs Monate am Institut für Pharmakologie der Universität Utrecht bei dem Physiologen und Pharmakologen Rudolf Magnus.
1912 wechselte er in das Biochemische Labor am Städtische Klinikum Am Urban Berlin zu Peter Rona. Mit diesem publizierte Neukirch gemeinsame „Experimentelle Beiträge zur Physiologie des Darmes“ in Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen. Seit 1914 war er in der Medizinischen Universitätsklinik Kiel bei Hugo Lüthje tätig.
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde Neukirch im Rahmen einer Roten-Kreuz-Expedition zur Forschung auf dem Gebiet der Infektiologie nach Konstantinopel und Erzincan in der Türkei abgeordnet. Neukirch entdeckte und beschrieb erstmals Salmonella paratyphi C (Erzincan/Neukirch). Er beschäftigte sich zudem mit Fragen der Immunisierung und suchte nach Möglichkeiten zur Entwicklung eines Fleckfieber-Impfstoffes. Im Lazarett des Deutschen Roten Kreuzes in Konstantinopel arbeitete er mit Theodor Zlocisti zusammen.
1915 war Neukirch in Erzincan als Leiter eines Lazarettes Augenzeuge der Verfolgungen der Armenier und verfasste hierüber Berichte, die über seinen Bruder, Rechtsanwalt Dr. Carl Neukirch in Frankfurt, und über seinen Schwager Hugo Koenigswerther an das Auswärtige Amt in Berlin und von dort im November 1915 an den Geschäftsträger der Deutschen Botschaft in Konstantinopel gelangten. Neukirch protestierte in Erzincan erfolglos gegen die Verhaftung einer typhuskranken armenischen Frau in seinem Lazarett.
Am Ende des Ersten Weltkriegs kehrte Neukirch an die Medizinische Universitätsklinik Kiel zurück, die inzwischen von Alfred Schittenhelm geleitet wurde. In Kooperation mit Hans Sachs vom Institut für Experimentelle Therapie am Georg Speyer Haus in Frankfurt (heute Paul-Ehrlich-Institut) arbeitete Neukirch an einem praxistauglichen Lues-Test (Sachs-Georgi-Reaktion). Im Dezember 1919 wechselte er von Kiel an die Medizinische Klinik der Medizinischen Akademie Düsseldorf zu Erich Boden, mit dem er seit gemeinsamen Jahren an der Kieler Medizinischen Klinik verbunden war. Im Jahr darauf, 1920, wurde er an der Düsseldorfer Medizinischen Akademie mit der Arbeit zur Lues-Serologie, die in Kiel entstanden war, habilitiert. 1923 erfolgte die Ernennung zum außerordentlichen Professor.
Flucht in die USA 1933
Nach Beginn der NS-Diktatur war Neukirch, obwohl evangelisch getauft, als „Nicht-Arier“ nach der NS-Zuschreibung gefährdet. Am 30.11.1933 floh er mit seiner Ehefrau und den beiden Töchtern von Hamburg aus mit der St. Louis der Hamburg Amerika Linie in die USA. New York erreichte die Familie am 10.12.1933. Sein Bruder, der Kaufmann Otto Neukirch, war in den 1920er Jahren in die USA ausgewandert. Neukirch lebte mit seiner Familie in Scarsdale, New York. Nach Sprachprüfungen und amerikanischem Examen konnte er in privater Praxis und vorübergehend im Lenox Hill Hospital, dem früheren German Hospital, in New York tätig sein. 1939 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft.
In den USA änderte Neukirch seinen Nachnamen in Paul Richard Newkirk. Er wandte sich der Psychiatrie und Psychotherapie zu, wechselte 1940 in den Bundesstaat Washington und wurde 1952 Clinical Director in einer großen Klinik für Psychiatrie am Northern State Hospital for the Insane in Sedro Woolley nahe der amerikanisch-kanadischen Grenze, etwa 100 km nördlich von Seattle. In dieser Klinik wurden Anfang der 1950er Jahre 2200 Patienten betreut. In den USA war er Mitglied im American College of Cardiology and in der American Psychiatric Association.
Paul Richard Newkirk starb im Januar 1962 76-jährig in Sedro Woolley.
Danksagung
Der Enkeltochter Paul R. Newkirks, Leonore Lynch, USA, gebührt besonderer und großer Dank für die Überlassung der unveröffentlichten autobiographischen Aufzeichnungen ihres Großvaters sowie der unveröffentlichten Aufzeichnungen von Marianne Katz-Newkirk, der Tochter Paul Newkirks. Auch sei Leonore Lynch für die Bereitstellung der eindrücklichen Porträtfotos ihres Großvaters gedankt. Mary McGoffin, Sedro Woolley, hat die Kontakte zur Newkirk-Familie hergestellt. Ihr gebührt ein außerordentlicher Dank für ihre unkomplizierte Hilfe und Vermittlung.
Ein Beitrag von Dr. med. Harro Jenss, Worpswede
Quellen und Literatur
zu den Quellen




