Eine Erinnerungsarbeit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
In Erinnerung an

Dr. med.
Leo Strauß
1891 - 1974

Unterschrift Dr. med. Leo Strauß 1962, Entschädigungsvorgang, <br> Landesarchiv NRW Entschädigungsakte
Unterschrift Dr. med. Leo Strauß 1962, Entschädigungsvorgang,
Landesarchiv NRW Entschädigungsakte

Mitlglied seit 1929

Facharztausbildung bei Julius Strasburger in Frankfurt

Niederlassung als Gastroenterologe in Köln 1924

Deutsche Medizinische Wochenschrift 1923, Kopie Archiv H Je
Deutsche Medizinische Wochenschrift 1923, Kopie Archiv H Je
Praxisanzeige, Bergische Zeitung 08.12.1924, Historisches Stadtarchiv Köln, Thomas Deres
Praxisanzeige, Bergische Zeitung 08.12.1924, Historisches Stadtarchiv Köln, Thomas Deres
Reichsmedizinalkalender 1937, Doppelpunkt stigmatisiert als Jude, Kopie Archiv H Je
Reichsmedizinalkalender 1937, Doppelpunkt stigmatisiert als Jude, Kopie Archiv H Je

Dr. med. Leo Strauß

  • 1‌3‌.‌0‌7‌.‌1‌8‌9‌1‌, Köln
  • 2‌2‌.‌1‌0‌.‌1‌9‌7‌4‌, Barnstable, Massachusetts, USA
  • Mitglied seit 1929
  • Geflohen 1938, USA
  • Köln
  • Niedergelassener Facharzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten

Leo Strauß wurde am 13.07.1891 in Solingen als Sohn des Kaufmanns Simon Strauß und seiner Ehefrau Bertha, geborene Stiel, geboren. Die Familie bekannte sich zur jüdischen Glaubensgemeinschaft.

 

Ausbildung und Wirkungsstätte

Nach dem Besuch des Solinger Gymnasiums studierte Leo Strauß seit 1910 unter anderem an der Universität Bonn Medizin. Nach Staatsexamen und Promotion erhielt er 1916 die Approbation. Danach nahm Strauß bis zum 09.12.1918 aktiv als Bataillons- und stellvertretender Regimentsarzt am Ersten Weltktrieg teil.

Seine sechsjährige klinische Ausbildung umfasste Stationen im Städtischen Krankenhaus Solingen, in der Medizinischen Universitätsklinik Köln-Lindenburg bei Friedrich Moritz und in Carl von Noordens Frankfurter Privatklinik für Stoffwechsel- und Zuckerkranke. Von 1922 bis 1924 arbeitete Leo Strauß als Assistenzarzt in der Medizinischen Poliklinik der Universität Frankfurt bei Julius Strasburger. In Frankfurt beschäftigte er sich mit methodischen Fragen der Bilirubinbestimmung sowie mit der Verdauung von Stärke und Zellulose.

Deutsche Medizinische Wochenschrift 1923, Kopie Archiv H Je
Deutsche Medizinische Wochenschrift 1923, Kopie Archiv H Je
Archiv für Verdauungs-Krankheiten 1925, Kopie Archiv H Je
Archiv für Verdauungs-Krankheiten 1925, Kopie Archiv H Je

Im November 1924 eröffnete Leo Strauß in Köln eine eigene Praxis für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten einschließlich Labor und Röntgenzimmer am Hohenzollernring. Privatpatienten behandelte er stationär im Krankenhaus der Augustinerinnen („Severinsklösterchen“) in der Kölner Südstadt. Hier arbeitete er mit dem leitenden Internisten Max Dietlein zusammen. Seine Praxis entwickelte sich außerordentlich erfolgreich mit einem großen Patientenkreis.

1926 hatte Strauß in Frankfurt a. M. Elise Stamm geheiratet. Die Ehe wurde im Januar 1938 geschieden.

Praxisanzeige, Bergische Zeitung 08.12.1924, Historisches Stadtarchiv Köln, Thomas Deres
Praxisanzeige, Bergische Zeitung 08.12.1924, Historisches Stadtarchiv Köln, Thomas Deres
Reichsmedizinalkalender 1929, Kopie Archiv H Je
Reichsmedizinalkalender 1929, Kopie Archiv H Je

Im Reichsmedizinalkalender 1937 wird Dr. Leo Strauß mit einem Doppelpunkt vor seinem Namen als Jude gekennzeichnet und stigmatisiert. Nach seinem Namen findet sich das Magensymbol, das ihn als Facharzt für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten ausweist. Im Nachtrag vom Februar 1938 zum Reichsmedizinalkalender 1937 findet sich nach dem Namen Leo Strauß der Eintrag „Ausland“.

Reichsmedizinalkalender 1937, Doppelpunkt stigmatisiert als Jude, Kopie Archiv H Je
Reichsmedizinalkalender 1937, Doppelpunkt stigmatisiert als Jude, Kopie Archiv H Je

Flucht in die USA

„Da ich Jude bin, wie aus meiner Geburtsurkunde hervorgeht, wurde meine Praxis ab 1933 erheblich kleiner, so dass ich gezwungen war, auszuwandern. Im Jahre 1937 war es mir möglich, meine Auswanderung in die Wege zu leiten“ (Leo Strauß, Bl. 6, Entschädigungsantrag 1954).

Am 16.09.1937 verließ Strauß Köln und hielt sich zunächst in Brüssel bei Verwandten auf, zumal er auf ein Visum für die USA warten mußte. Für eine kurze Zeit reiste er nach Palästina, wohin sein Bruder Albert Strauß geflohen war. Er kehrte nach Brüssel zurück und konnte am 10.01.1938 von Rotterdam aus mit der S.S. Volendam in die USA gelangen. New York erreichte Leo Strauß am 18.01.1938.

Nach Absolvieren einer Sprachprüfung und des amerikanischen Staatsexamens erhielt Strauß im Mai 1939 eine Lizenz zur ärztlichen Tätigkeit und eröffnete eine allgemein-internistische Praxis in East Orange, County Essex, New Jersey. Eine erneute Tätigkeit als Gastroenterologe war ihm nicht möglich. Bis zum 01.04.1957 war er nebenher in Teilzeitarbeit am General Hospital East Orange, New Jersey, tätig.

Leo Strauß starb im Oktober 1974 83-jährig in Barnstable, Massachusetts.

Der ältere Bruder Albert Strauß (1890 – 1961), angesehener Rechtsanwalt in Solingen seit 1919, floh im August 1933 mit seiner Familie nach Palästina. In seinem Beruf konnte er nicht mehr tätig sein. Er arbeitete zunächst als Kleinlandwirt, später als Buchhalter der landwirtschaftlichen Kooperative Kfar Bialik. Der jüngere Bruder, der Kaufmann Walter Strauß, floh in die USA und erreichte im August 1938 New York. Er lebte in Richmond, Indiana und starb 1952.

Eigene Publikationen (Auswahl)

  1. Mit Adler E. Beitrag zum Mechanismus der Bilirubinreaktion im Serum. II. Mitteilung. Klin Wochenschr 1922; 1: 2285-2286
  2. Über die klinische Bedeutung der Bilirubinbestimmung im menschlichen Serum mit besonderer Berücksichtigung der Gallenblasenerkrankungen. Dtsch Med Wochenschr 1923; 49: 376-379
  3. Mit Adler E. Beitrag zum Mechanismus der Bilirubinreaktion im Serum. III. Mitteilung. Ztschr ges exp Med 1925; 44: 26-42
  4. Beitrag zur Lokalisation und Größe der Stärke- und Zellulose-Verdauung beim Menschen. Arch Verdauungskr 1925; 34: 288-302
  5. Untersuchungen über Verdauung aus geschlossenen Pflanzenzellen und ihre Bedeutung für die Physiologie und Pathologie der Verdauung beim Menschen. II. Verdauung von Stärke aus geschlossenen Zellen. Arch Verdauungskr 1927; 41: 11-23
  6. Die konservative Therapie der akuten Pankreasnekrose. Arch Verdauungskr 1932; 51: 321-327 (Julius Strasburger, Frankfurt, zum 60. Geburtstag gewidmet)
Danksagung

Thomas Deres, Historisches Stadtarchiv Köln, gebührt großer Dank für seine wertvollen Hinweise bei der Spurensuche nach Leo Strauß. Den Mitarbeitenden des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland, Duisburg, sei für ihre Hilfe und für den Zugang zu den Entschädigungsakten von Leo und Albert Strauß gedankt.


Quellen und Literatur
zu den Quellen
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Quellen/Literatur/Weblinks

Biografie von Dr. med. Leo Strauß

Verzeichnis der Quellen

  • Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland, Entschädigungsakte (BEG) Dr. Leo Strauß, Sign. BR 3000 Nr. 998 [ZK Nr 600 050] Teil 1 u. 2 sowie BR 3003 Nr. 7579
  • Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland, Entschädigungsakte (BEG) Albert Strauß, Sign. BR 3008 [ZK Nr 423 480]
  • Stadtarchiv Solingen, Geburtsurkunde Nr. 824/1891, Einwohnermeldekarten
  • Bergische Zeitung Nr. 288, 08.12.1924, Anzeige zur Praxisöffnung Dr. med. Leo Strauß in Köln [Diese Quelle verdanke ich Thomas Deres, Historisches Archiv Köln]
  • Reichs-Medizinal-Kalender für Deutschland Teil II (RMK) 50. Jg., 1929, S. 295. Hg. J. Schwalbe, Leipzig: Verlag von Georg Thieme 1929
  • Verzeichnis der deutschen Ärzte und Heilanstalten/Reichs-Medizinal-Kalender für Deutschland, Teil II, 58. Jg., 1937, S. 413, Leipzig: Verlag von Georg Thieme 1937 und Nachtrag 1 (Februar 1938)

Verzeichnis der Literatur

  • Poensgen A. Kurzbiographien Solinger Juden 1933-1945, in: „…dass ich die Stätte des Glückes vor meinem Tor verlassen müsste“, Beiträge zur Geschichte jüdischen Lebens in Solingen, M. Krause/Solinger Geschichtswerkstatt [Hg], Selbstverlag Solinger Geschichtswerkstatt, Solingen 2000, S. 366-367